Ein Kommentar
Sehr lange hat sich der Streit zwischen Türkgücü München und dem Bayerischen Fußball-Verband hingezogen. Es geht um die Frage, wer am 3. November gegen Schalke 04 in der ersten DFB-Pokalrunde antreten darf. Ein Kommentar.
Der Bayerische Fußball-Verband hatte nach Abbruch der Regionalliga-Saison mit Türkgücü München und dem 1. FC Schweinfurt 05 vereinbart, dass Türkgücü am grünen Tisch in die Dritte Liga aufsteigt und Schweinfurt den Platz im DFB-Pokal bekommt. Türkgücü München hatte nachträglich dann dagegen geklagt. Und war vor dem Landgericht München gescheitert. Das Landgericht hatte die Entscheidung an den BFV zurückgegeben. Nun hat das Schiedsgericht des BFV entschieden: Schweinfurt wird gegen Schalke 04 antreten. Und nicht Türkgücü.
Türkgücü-Geschäftsführer Max Kothny spricht gegenüber der Süddeutschen Zeitung von einem “Micky-Maus-Gericht”. Das Urteil sei seines Erachtens “dahingerotzt”. Zudem unterstellt er dem Verband einen schwerwiegenden kartellrechtlichen Fehler. Man will nun weitere juristische Schritte einleiten und den Fall vor den Bundesgerichtshof bringen. So die Lage.
Kaum ein Klub in der Dritten Liga wirkt für mich unsympathischer als Türkgücü München. Die “türkische Kraft” aus München fährt die Ellenbogen aus. Und das nicht zum ersten Mal in der noch jungen Saison. Großspurig und unsportlich wie ein Elefant im Porzellanladen. Dabei würde dem einstigen Migrantenverein Bescheidenheit gut zu Gesicht stehen. Die Regionalliga wurde unterbrochen und die Saison wird fortgesetzt. Türkgücü wurde vom BFV aus der Regionalliga-Saison gestrichen und für die Dritte Liga angemeldet. Die Stadt München zeigte sich zudem großzügig in Sachen Stadionfrage. Andere Klubs zeigten sich offen, ihr Stadion zu teilen. Doch Türkgücü fordert und fordert.
Vor allem aber könnte man ein Zeichen setzen. Und den durchaus interessanten Blick auf den Weg vom einstigen Migrantenverein zum integrierten Profiklub freigeben. Viele türkischstämmige Fans werden mit dem Aufstieg sicherlich auch viele Auswärtsfahrten mitmachen. Die Dritte Liga und ihre Klubs müssen beweisen, dass sie offen sind. Und man kann ein Zeichen gegen Rassismus und Diskriminierung setzen. Am Ende bleibt jedoch eher das Bild eines großkotzigen Investorenvereins, der sich den Durchmarsch in die 2. Bundesliga erkaufen will und mittlerweile einen völlig aufgeblähten Kader besitzt. Der die Konkurrenz auch gerne mal geringschätzt und großspurig Ankündigungen macht. Der sich wohl auch nicht an Abmachungen hält. Der mit Beleidigungen und Anschuldigungen gerne und oft die Presse bedient.
Schwierig ist die Rolle von Türkgücü München in der Dritten Liga. Zum einen wäre es wünschenswert, dass der einstige Migrantenverein tatsächlich integriert wird. Und alle Klubs potentiellen rechtspolitischen Fans die klare rote Karte zeigt. “Wir verbinden Kulturen”, so ein Wahlspruch von Türkgücü. Das hört sich eigentlich positiv an. Man darf auch keine einzige diskriminierende Äußerung gegen den Münchner Klub akzeptieren. Aber für diesen Schritt muss der Klub, der sich als deutscher Fußballverein ansieht, sich auch der Dritten Liga anpassen. Nicht als Türken, sondern als Profi-Fußballklub.
Türkgücü ist für mich ein Ein-Mann-Projekt ohne tatsächliche Nachwuchsarbeit. Mit einem Integrationsbeauftragten, dessen Kontaktdaten man vergeblich sucht. Mit einem Nachwuchskoordinator, den man nicht erreicht. Und mit einem Behindertenbeauftragten, der auch nirgends zu finden ist. Gesteuert von einem Investor, der gleichzeitig Präsident ist: Hasan Kivran. Er alleine entscheidet über das Wohl des einstigen Migrantenvereins. Das mag man noch akzeptieren. Der gesamte bisherige Auftritt in der Dritten Liga macht Türkgücü München für mich allerdings zum absolut unsympathischsten Klub der Liga. Der Dauerstreit mit dem Bayerischen Fußball-Verband eingeschlossen.