Die digitalen Medien und die sozialen Netzwerke zwingen uns eine unwahrscheinliche Geschwindigkeit auf. Das merken auch die Journalisten. Wer nicht mithält, den bestraft der Markt. Oder eben die Löwen, wenn es um Sechzig geht. Wer eine Schlagzeile nicht als Erstes gebracht hat, der wird kaum mehr gelesen. Der verliert an Bedeutung. Eine große Gefahr, denn oftmals wird damit Journalismus ad absurdum geführt.
Eine Andekdote
Rudi ist 51 Jahre alt. Ein Löwenfan durch und durch. Es ist Mittwoch und der rüstige Bauarbeiter schnappt sich die Bild-Zeitung, um sich seinem morgendlichen Stuhlgang zu widmen. Gemeint ist dabei tatsächlich die körperliche Darmentleerung. Nicht der geistige Dünnschiss des Boulevardblattes. Aber im Grunde passt beides gut zusammen. Während Rudi sich die Hose aufknöpft und sie schließlich herunter lässt, bemerkt er sehr wohl, dass er vielleicht am Abend zuvor hätte duschen sollen. Er nimmt es sich für den heutigen Abend vor. An diesem Arbeitstag werden die Kollegen wohl den muffig-säuerlichen Geruch aushalten müssen. Er setzt sich und liest: “So schlimm steht es wirklich um die Löwen”.
“So schlimm steht es wirklich um die Löwen”
“Kreixkruzefix, himmeherrgott”, kommt ihm über die Lippen. Auf der anderen Seite seines massigen Körpers entfleucht ihm ebenfalls ein Ton. Der Investor Hasan IsmaikHasan Abdullah Mohamed Ismaik (arabisch: حسن عبد ال... befeuert auf Facebook wieder einmal die Aufstiegs-Ambitionen des TSV 1860 München, weiß Rudi nun. Das steht dort schwarz auf weiß. Doch die Bild-Zeitung weiß, es ist nichts weiter als ein Traum: “Durch Ismaiks 6-Millionen-Hilfspaket ist 1860 im Gegensatz zu vielen anderen Drittligisten zwar für die zwei kommenden Jahre finanziell abgesichert. Bei Sportchef Günther GorenzelGünther Gorenzel ist ein aus Österreich kommender Fußball... kommt von dem Geld jedoch gar nichts an.” Mehr steht da nicht.
6 Millionen also zahlt der jordanische Investor. Stattliche 6 Millionen pumpt er in die kaputten Löwen. Und trotzdem kommt bei der sportlichen Führung nichts an? Das Hirn des 51-Jährigen rattert wie blöde. Klar ist, das birgt Gesprächsstoff. Mit Karl-Heinz, der ebenfalls Löwe ist. Es ist wie jedes Jahr. Die Löwen wirtschaften beschissen und am Ende kann man Identifikationsfiguren wie Mölders nicht halten. Schuld daran ist das Bockfotzngsicht Reisinger und sein Gefolge. Warum das so ist? Rudi kann es nicht erklären. Aber tief in ihm drin gibt es eben manifestierte Bilder. Erzeugt von der Bild oder der Abendzeitung.
Eine Schlagzeile – null Information. Zugegeben, der Informationsgehalt der Bild war noch nie wirklich hoch. Aber früher war es einfacher. Da hat ein solcher Rudi mit seinem Vorarbeiter über das Thema gegrantelt, hat dann im Wirtshaus weiter gemacht und vielleicht dann noch seine Freu damit genervt. Heute zieht sich der informationsleere Blödsinn der Bild anschließend wie Schimmelpilz durch die sozialen Netzwerke und die Echokammer der Löwen. Durch die Schnelllebigkeit versucht der Gossen-Journalismus immer schneller seine blutleeren Phrasen und Schlagzeilen zu produzieren. Klar ist: Schimmelpilz macht krank und hinterlässt einen pelzigen Geschmack. Bleibt zu hoffen, dass möglichst viele Löwen sich anderweitig informieren.
Mehr zum Thema Finanzpaket:
Das Fundament ist gelegt – wie geht es weiter?
Die Entscheidung des Aufsichtsrates: Finanzpaket oder Notfallplan?
Das nachhaltige Finanzpaket – ein neuer gemeinsamer Maßstab für die Zukunft