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Der nächste Gegner im Visier – SC Verl

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Der TSV 1860 München tritt derzeit auf der Stelle. Während die weiß-blauen Fans noch über die magere Nullnummer auf Giesings Höhen gegen destruktive Krefelder diskutieren, dreht sich das Karussell in Liga 3 unweigerlich weiter. Bereits Dienstag/Mittwoch steht Spieltag 12 auf dem Programm der Dritten Liga. Der nächste Gegner für die Löwen wartet am Dienstag (Anpfiff 18:60 Uhr) im fernen Nordrhein-Westfalen. Für den ein oder anderen mag es Stress sein, bereits nach drei Tagen wieder auf dem Platz stehen zu müssen. Für die Truppe von Chefcoach Michael Köllner sollte es aber nichts anderes sein als eine willkommene Gelegenheit, beweisen zu können, dass die Löwen derzeit zu Recht im oberen Tabellendrittel zu finden sind. Das Blatt kann sich in einer Corona-verzerrten Tabelle allerdings schneller drehen als uns allen lieb ist. In der aktuellen Saisonphase gilt es für die Münchner Löwen, den an sich guten Start zu bestätigen und den Anschluss an die Aufstiegsplätze zu wahren. In so einer Situation sollte ein Aufsteiger gerade recht kommen, um von den Löwen gefressen zu werden.

Erwachsener Aufsteiger

Mit dem SC Verl wartet zwischen Bielefeld und Paderborn aber alles andere als ein Aufbaugegner. Der Aufsteiger aus Nordrhein-Westfalen steht derzeit mit zwei Spielen weniger und beachtlichen 16 Punkten auf Platz fünf der Tabelle. Mit einem Heimsieg könnte die Truppe von Trainer Guerino Capretti damit an den Löwen vorbei ziehen. Der ehemalige Profi-Kicker (SC Paderborn, Preußen Münster) spielte einst selber beim SC Verl und steht nun seit dem 10.04.2017 an der Seitenlinie der Ostwestfalen. Als verantwortlicher Cheftrainer führte er den Club von der Regionalliga West, als Vizemeister der vergangenen Spielzeit, in die dritthöchste Spielklasse des deutschen Fußballs. Nach einigen Experimenten und den richtigen Spielerverpflichtungen konnte der erst 38-jährige Deutsch-Italiener seine Spielphilosophie beim SC Verl durchsetzen. Mit einem offensiven 4-3-3 und lediglich zwei Niederlagen rockte die Capretti-Truppe die Regionalliga West. Auch im DFB-Pokal sorgte der damalige Viertligist kurzzeitig für Furore. Keine geringeren als der FC Augsburg und Holstein Kiel wurden in der ersten bzw. zweiten Runde Opfer der selbstbewussten Offensivkraft des SC Verl. Am Ende der Regionalliga-Saison hatten die zweitplatzierten Ostwestfalen das sprichwörtliche „Glück des Tüchtigen“. Wegen der sich verbreitenden Corona-Pandemie wurde die Liga nach dem 27. Spieltag abgebrochen. Nachdem der erstplatzierte SV Rödinghausen keine Lizenz für die Dritte Liga beantragt hatte, war der Weg für den zweitplatzierten SC Verl frei. In den Relegationsspielen setzte sich die Capretti-Truppe gegen Lok Leipzig (1:1, 2:2) aufgrund der Auswärtstor-Regel denkbar knapp durch. Die dadurch in der 26.000 Einwohner großen Stadt entfachte Aufstiegseuphorie nahm der SC Verl genauso mit in Liga 3, wie das offensiv ausgerichtete Spielsystem. Die bisherigen Ergebnisse geben dem Trainer Recht. Der SC Verl macht in Liga 3 da weiter, wo er in der Regionalliga West aufgehört hat. Mit Guerino Capretti ist der kleine Club aus Ostwestfalen erwachsen geworden.

System-Capretti

Garanten für die Erfolge der vergangenen Saison waren Mittelstürmer Zlatko Janjic (15 Tore/5 Vorlagen) und Rechtsaußen Aygün Yildirim (13/7). Als gäbe es keinen Unterschied zwischen Vierter und Dritter Liga, wirbeln beide Offensivkräfte auch die Hintermannschaften in der dritthöchsten Spielklasse gehörig durcheinander. In den bisherigen neun Spielen haben beide Stürmer jeweils sechsmal getroffen. Komplettiert wird die offensive Dreierkette des SC Verl durch Kasim Rabihic. Der Neuzugang von Türkgücü München spielte von 2013 bis 2015 in der Reserve des TSV 1860 München. Über Rot-Weiß Essen und den FC Pipinsried kam der in München geborene Deutsch-Bosnier zu den Türken, denen er in der vergangenen Saison mit 11 Ligatoren zum Aufstieg verholfen hatte. Beim SC Verl kommt der 27-jährige Münchner über die linke Seite und zeichnet sich gemeinsam mit Janjic und Yildirim für insgesamt 14 Tore und 9 Torvorlagen verantwortlich. Wie gefährlich diese Angriffsreihe ist, musste der MSV Duisburg am vergangenen Spieltag schmerzlich erfahren. Mit vier Toren wurden die Zebras zuhause vom SC Verl überrollt. Die Tore gingen dabei allesamt auf das Konto der ostwestfälischen Angriffsreihe (Rabihic 2, Janjic 1, Yildirim 1). Als Lieferdienst im zentralen Mittelfeld wurden Philipp Sander von Holstein Kiel (Leihe) und Julian Schwermann von den Borussen aus Dortmund geholt. Der bei den Kielern ausgebildete Sander brachte es bei den Störchen nur auf insgesamt 5 Einsätze in Liga 2. In der dritten Spielklasse scheint sich der 22-jährige Leihspieler aber schon pudelwohl zu fühlen. Trainer Capretti vertraute dem Perspektivspieler bis dato in jedem Spiel. Bisheriges Ergebnis waren ein Tor und zwei Vorlagen. Die so wichtige Schaltzentrale im Mittelfeld ergänzt der bei Borussia Dortmund ausgebildete Julian Schwermann. Mit 21 Jahren gilt er ebenfalls als Perspektivspieler. In der Dritten Liga gibt der 1,78m große Beidfuß aber ebenfalls schon eine feste Größe im System-Gapretti. Komplettiert wird die Dreierreihe im Mittelfeld durch den Deutsch-Türken Mehmet Kurt. Der 24-jährige Mittelfeldmotor war bereits in der Regionalliga eine feste Größe beim SC Verl. Auch für ihn scheint es keinen Unterschied zwischen Amateurklasse und Profibereich zu geben. In der Abwehrreihe hat Kapitän Julian Stöckner das Sagen. Neben dem 31-jährigen Routinier sorgt der mit 28 Jahren ebenfalls erfahrene Daniel Mikic dafür, dass die gegnerischen Stürmer nicht zur Entfaltung kommen. Auf den Außen wird die Vierer-Kette durch den bei Hannover 96 ausgebildeten Lars Ritzka (22) und Neuzugang von Viktoria Köln Steffen Lang komplettiert. Im Tor vertraut der Trainer dem 27-jährigen Eigengewächs Robin Brüseke. Mit zehn Gegentreffern in neun Spielen ist Brüseke derzeit der Torwart in der Liga, der am wenigsten hinter sich greifen musste. Einem Unentschieden zum Saisonauftakt folgten drei knappe Niederlagen und fünf Siege. Auch wenn diese Bilanz, zumindest noch nicht, nach einem glorreichen Saisonverlauf aussieht, das System-Capretti steht. Am Dienstagabend warten elf selbstbewusste und vor allem unerschrockene Ostwestfalen auf die Münchner Löwen.

Auf der Suche nach der richtigen Antwort

Die Frage ist nur, wo stehen Mölders und Co? Was sind die Löwen im fernen Verl im Stande zu leisten? Manch einer fordert mehr Konstanz im Spiel der Köllner-Truppe. Dabei ist den Löwen trotz magerer Ausbeute zuletzt in Dresden und zuhause gegen den KFC Uerdingen eines sicherlich nicht abzusprechen. Fast ausnahmslos haben die Löwen eine fußballerisch reife Leistung auf den Platz gebracht. Eine positive Entwicklung in diese Richtung ist unter der Führung von Michael Köllner klar erkennbar. Insoweit ist der Vorwurf mangelnder Konstanz wohl eher der falsche Ansatz. Vielmehr fehlt den Löwen oft das richtige Mittel, um eine Antwort auf destruktiv agierende Mannschaften zu finden. Dabei ist eine defensive Einstellung des Gegners immer auch ein Kompliment an die eigene Mannschaft. Im Gegensatz zu den Anfängen in der Dritten Liga und einer katastrophalen Auswärtsbilanz haben sich die Münchner unter Michael Köllner den Respekt der Liga erarbeitet. Für den Trainer gilt es nun, die richtigen Antworten auf dem Platz zu finden. Über eines braucht er sich am Dienstag aber sicherlich keine Gedanken zu machen. Über einen destruktiven Gegner. Der SC Verl wird die Löwen öfter in der eigenen Hälfte besuchen, als ihnen lieb sein wird. Im Vergleich zum vergangenen Spieltag gegen den KFC wird die Partie in Ostwestfalen wohl einen völlig anderen Verlauf nehmen. Wir dürfen auf den Match-Plan von Michael Köllner gespannt sein. Verzichten muss der Fußballlehrer in jedem Fall auf den Gelb-Rot gesperrten Erik Tallig. Vielleicht genau der richtige Zeitpunkt, um von Anfang an auf eines der vielen jungen Löwentalente zu setzen?

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