Nach zwei hintereinander geführten Heimspielen begibt sich der TSV 1860 München am kommenden Wochenende wieder auf die Reise. Es geht in das knapp 400 Kilometer entfernte Jena. Ins Paradies, so wird jedenfalls der schöne Park „Obere Aue“ genannt in dem sich das Ernst-Abbe-Sportfeld, Stadion des FC Carl-Zeiss Jena, befindet. Und während man sich auf der Fahrt in die Saale-Stadt nach oben, in nord-östlicher Richtung, zu orientieren hat, so geht der Blick auf der Tabelle nach unten. Nach ganz unten. Der nächste Gegner unserer Löwen ist derzeit Tabellenschlusslicht. Genau genommen halten die Thüringer seit dem dritten Spieltag ununterbrochen die rote Laterne der dritten Liga fest in ihrer Hand. Mit nur 17 Punkten auf der Habenseite fehlen den Saale-Städtern ganze 15 Zähler auf den ersten Nichtabstiegsplatz. Die Lage scheint aussichtslos, ist aber vielleicht noch nicht verloren.
Angstgegner?
Auch in der vergangenen Saison wurden die Saale-Städter lange als sicherer Abstiegskandidat geführt. Trotz Trainerwechsel von Mark Zimmermann zu Lukas Kwasniok lag der FC Carl Zeiss bis zum 34. Spieltag auf dem vorletzten Tabellenplatz. Die Klasse konnte dabei erst im letzten Spiel gesichert werden. Mit einem klaren 4:0 gegen zahnlose Löwen konnte sich die Truppe um Lukas Kwasniok am letzten Spieltag über dem Strich halten. Mit Schaudern erinnern wir uns an die Szenen nach dem Abpfiff. Anhänger des FC Carl Zeiss stürmten zahlreich auf das Spielfeld. Doch anstatt sich über den Klassenerhalt zu freuen, bauten sich viele von Ihnen vor der Gäste-Kurve auf, um den weiß blauen Anhang mit obszönen und eindeutigen Gesten zu verhöhnen und zu provozieren. Das Paradies haben sich die 1.353 mitgereisten Gästefans damals sicherlich anders vorgestellt. Auch im Hinspiel der vergangenen Saison gab es für den TSV 1860 München mit 1:3 eine herbe Heimniederlage. Ist der FC Carl Zeiss Jena gar ein „Angstgegner“ für die Löwen? Wohl eher kaum. Das Hinspiel in dieser Saison konnte Sechzig für sich entscheiden. Mit 3:1 schickte man die Thüringer mit der roten Laterne in der Hand zurück an die Saale.
Karussellfahren im Paradies
Zwei Niederlagen später war es das für Cheftrainer Lukas Kwasniok. Mit einer desaströsen Bilanz von 9 Niederlagen und nur einem Unentschieden in zehn Spielen, wurde der Fußballlehrer aus dem Paradies verbannt. Nach dem zwischenzeitlich interimsmäßig eingesetzten Christian Fröhlich, folgte Rico Schmitt als verantwortlicher Übungsleiter an der Seitenlinie. Unter dem Abstiegstrainer des VFR Aalen der vergangenen Saison konnte die Mannschaft erstmals gewinnen. In den darauffolgenden elf Spieltagen ging die Mannschaft ganze 3 Mal als Sieger vom Platz und teilte ebenso oft die Punkte. Allerdings kassierte Jena in dieser Zeit auch fünf Niederlagen. Die Rote Laterne blieb stets in fester Hand der Thüringer. Grund genug für die Verantwortlichen erneut die Reißleine zu ziehen. Fortan sollte der Co-Trainer und ehemalige Carl-Zeiss-Spieler René Klingbeil die Mannschaft zumindest interimsweise aus dem Keller führen. Nach einem Sieg über den FSV Zwickau vor heimischen Publikum und einem respektablen Unentschieden bei Waldhof Mannheim, schien der Trainerwechsel sofort Früchte zu tragen. Den ersten Dämpfer gab es aber schon wieder im darauffolgenden Heimspiel gegen den SV Meppen, welches die Klingbeil-Truppe mit 0:2 verloren geben musste. Da der Interimstrainer derzeit nur über eine C-Lizenz verfügt, wurde ihm seit dem vergangenen Spieltag der U19-Trainer Kenny Verhoene zur Seite gestellt. Der Belgier verfügt über die notwendige Fußballlehrer-Lizenz. Mit Blick auf die Geschwindigkeit mit der sich das Trainer-Karussell im Paradies an der Saale in der nahen Vergangenheit gedreht hat, war durchaus zu befürchten, dass den Spielern dabei gehörig schwindelig werden könnte.
Rettung in Sicht?
Bestätigung für diese These gab es bereits am vergangenen Spieltag. Das Debüt als Trainer-Gespann an der Seitenlinie ging nämlich gründlich in die Hose. Beim 6:2 in Magdeburg offenbarten die Thüringer, trotz zwischenzeitlicher 1:0 Führung, eklatante Schwächen im Abwehrverhalten und drohten sich zeitweise komplett aufzulösen. Mit 58 Toren sind die Saale-Städter die Schießbude der Liga. Keine Drittliga-Mannschaft hat mehr Treffer zugelassen. Mit 27 erzielten Toren liegt der FC Carl-Zeiss in der Tabelle der am meisten geschossenen Treffer kaum besser auf dem vorletzten Platz. Lediglich der Sonnenhof aus Aspach hat seltener ins Schwarze getroffen. Mit satten 15 Punkten Rückstand auf das rettende Ufer ist für die Thüringer der drohende Abstieg vielleicht noch nicht besiegelt. Die Truppe um das Trainergespann Klingbeil/Verhoene wird sich in jedem Spiel, in jeder Minute mit allen verfügbaren Mitteln gegen den drohenden Abstieg stemmen. 66 gelbe, 2 gelb-rote und 3 rote Karten sprechen dabei eine deutliche Sprache (Platz 18 in der Fairness-Tabelle). Die Mannschaft um den 23-jährigen Kapitän Dominic Volkmer hat sich noch nicht aufgegeben. Der FC Carl-Zeiss Jena kann Abstiegskampf, wie der Verlauf der vergangenen Saison eindrucksvoll bewiesen hat. Am Ende wird sich aber nur Qualität durchsetzen. Qualität deren Nachweis der FC in dieser Saison noch schuldig geblieben ist.
Ohne Wenn und Aber
Qualität hat die Köllner-Truppe dagegen schon des Öfteren bewiesen. Spätestens seit dem letzten Spieltag weiß die Mannschaft um Löwendompteur Michael KöllnerMichael Köllner war vom 9. November 2019 bis zum 31. Januar... auch, dass man Siege erzwingen kann. Dass dem Tüchtigen am Ende der Lohn gebührt. „Wir wollten mit aller Gewalt gewinnen“, so Michael KöllnerMichael Köllner war vom 9. November 2019 bis zum 31. Januar... nach dem emotionalen Last-Minute-Sieg am vergangenen Samstag. Beim Stand von 3:3 hofft man auf den Lucky-Punsch, geht in der Regel aber ungern das Risiko ein, das Spiel noch zu verlieren. Köllner setzte mit der Einwechslung der Offensivkräfte Nico Karger und Prince Osei Owusu ein entscheidendes Zeichen für seine Spieler. Mit Risiko und dem viel besungen Löwenmut haben die Sechzger in der Folge den Sieg errungen. 13 hintereinander ungeschlagene Spiele und einem Willenssieg aus dem letzten Heimspiel werden die Löwen am Samstag mit breiter Brust in das Ernst-Abbe-Sportfeld einlaufen lassen. Die Mannen um Kapitän Sascha Mölders werden das Spiel so gestalten, dass sich nach Schlusspfiff kein Zuschauer auf das Spielfeld und schon gar nicht in die Nähe der Gästekurve trauen wird.
Löwen auf den Rängen und auf dem Spielfeld.
Gut zu wissen, dass es das nicht nur im Paradies gibt.
Wer mehr über die Geschichte und das Stadion des FC Carl-Zeiss Jena erfahren möchte, der schaut einfach in unseren Gegnercheck aus der vergangenen Saison hier rein.