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Der nächste Gegner im Visier: Chemnitzer FC

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Der TSV 1860 München steht nach dem sechsten Spieltag unter dem Strich der Drittliga-Tabelle. Die schmerzhafte Niederlage in Magdeburg liegt immer noch schwer im Magen, wie eine große Portion Schweinebraten, zwei Knödel, drei Maß Bier, eine Tüt’n gebrannte Mandeln und die vier Stamperl Schnaps hätte es auch nicht mehr gebraucht. Diese Völlerei. Wie kann man sich nur so gehen lassen? Wie kann man nach den ersten beiden Gegentoren nur so wenig Gegenwehr leisten?

Auswärtsniederlage in Magdeburg liegt schwer im Magen

Die Spieler werden dafür bezahlt, die trainieren fast jeden Tag in der Woche. Ich muss auch tagtäglich in der Arbeit funktionieren. So die Argumentation vieler verärgerter Anhänger. Am Ende sind wir aber alle Menschen. Keine Maschinen. Aber alles hat eine Ursache. Nichts ist zufällig. Und während die Einen in diesen Tagen nicht müde werden zu betonen, dass wir ohne Biero gar nicht in der Dritten Liga wären, werden die Stimmen derer immer lauter, die Entscheidungen unserer Trainer-Ikone in Frage stellen. „A bisserl“ Recht hat wohl jeder. Und das Recht, Kritik zu äußern, haben gerade diejenigen, die jede Woche Zeit und Unkosten auf sich nehmen, um bei jedem Spiel dabei zu sein. Und genau von diesen Fans sollten wir uns aktuell alle eine Scheibe abschneiden. Wir haben es in Mannheim gesehen und wir haben es in Magdeburg mitbekommen. Je größer die Pleite, desto lauter die Fans. Keine Schmähgesänge. Wenn die Mannschaft ihre Leistung nicht auf den Rasen bringt, dann feiern wir auf den Rängen trotzdem. Und am Ende gibt es für die Mannschaft ehrlich gemeinten Applaus. Auch wenn diese gerade vom Gegner fünf Eier ins Netz gelegt bekommen hat.

Das ist Sechzig. Und daran sollten wir alle denken, wenn wir unsere Kommentare im großen, weiten, digitalen Netz, mehr oder weniger anonym, abgeben. Dass es so nicht mehr weitergehen kann, weiß der Trainer, weiß die Mannschaft, wissen wir alle. Am morgigen Freitag wartet der nächste Gegner in der Fremde auf uns. Der Fokus liegt auf dem Chemnitzer FC.

Junger Club mit bewegter Vergangenheit

Der Club aus Sachsen wurde am 15. Januar 1966 als Fußballclub Karl-Marx-Stadt gegründet. 1990 wurde der Name in Chemnitzer Fußballclub e.V. geändert. Zu den größten Erfolgen des Clubs zählen der Gewinn der DDR-Meisterschaft 1967 sowie der Einzug ins Achtelfinale des UEFA-Pokals 1989/90. Aus der Nachwuchsarbeit des Vereins ist u.a. der ehemalige Kapitän der deutschen Nationalmannschaft Michael Ballack hervorgegangen. Der bekannte Bundesliga-Trainer Hans Meier (u.a. Borussia Mönchengladbach, 1. FC Nürnberg) war beim CFC von 1988 bis 1993 als Cheftrainer tätig.

Heute verfügt der Chemnitzer FC über ein vom Deutschen Fußball-Bund zertifiziertes Nachwuchsleistungszentrum und bietet jungen Talenten die Möglichkeit, in einer Eliteschule des Fußballs parallel einer sportlichen und schulischen Ausbildung nachzugehen.

Seit dem 1. Januar 2019 ist die Fußballabteilung, wie bei so vielen Profi-Clubs in Deutschland, in eine GmbH, die Chemnitzer FC Fußball GmbH, ausgegliedert. Der Verein hält dabei 91% der Anteile. 9% werden von sechs verschiedenen Minderheitsgesellschaftern gehalten.

Mit dem fünften Rang in der DDR-Oberliga nach Abschluss der Saison 1990/91 waren die Sachsen mit der Eingliederung aller DDR-Mannschaften in den Deutschen Fußball-Bund für die 2. Bundesliga spielberechtigt. Dort konnte sich der Club einige Jahre halten bevor es 1996 in die damals drittklassige Regionalliga ging. Nach zwei weiteren Jahren in der zweithöchsten deutschen Spielklasse ging es 2001 wieder runter in die Regionalliga. Nach der Saison 2005/06 verschwand der Club aus Sachsen für einige Jahre im Amateurbereich, um 2010 wieder in den Profifußball zurück zu kehren. Der Chemnitzer FC war fortan eine feste Größe in der neu gegründeten Dritten Liga.

Drohende Insolvenz und Querelen im Verein

Am 10. April 2018 gab der Verein die Insolvenz bekannt und setzte einen Insolvenzverwalter ein, der fortan die Geschäfte führt. Die laufende Saison war sportlich schwierig. Der CFC befand sich in der 3. Liga auf Platz 18 im Abstiegskampf mit sieben Punkten Rückstand auf den rettenden 17. Platz – bei fünf ausstehenden Spieltagen. Nach den DFB-Statuten wurde am 23. April 2018 der Abzug von neun Punkten verhängt. Der Abstieg in die Regionalliga war damit besiegelt. Am 3. Mai 2018 wurde der ehemalige Bundesliga-Profi Thomas Sobotzik als sportlicher Leiter vorgestellt. Nach nur einem Jahr in der Regionalliga Nordost gelang den Sachsen der sofortige Wiederaufstieg in die dritthöchste Spielklasse des deutschen Profifußballs.

Neben der weiterhin drohenden Insolvenz sorgte der Verein in der nahen Vergangenheit auch wegen einer gescheiterten Wahl des Aufsichtsrates und einer Trauerfeier für ein Mitglied der aktiven Hooligan-Szene für Schlagzeilen. Da dem verstorbenen Thomas Haller die Zugehörigkeit zu einer rechtsextremen Szene nachgesagt wurde, erhielt das vom Verein im Stadion offiziell durchgeführte Gedenken an Haller eine besondere Brisanz. Verantwortliche im Verein mussten in Folge dessen ihren Hut nehmen. Gleiches Schicksal ereilte den Spieler Daniel Frahn, als er nach einem Tor ein T-Shirt der aktiven Hooligan-Szene hoch hielt. Der Kapitän und Mittelstürmer der Sachsen wurde aufgund dieser nicht abgesprochenen und wohl auch unbedachten Aktion vom DFB für zwei Spiele gesperrt und letztendlich vom Verein entlassen.

So voll, wie auf diesem Bild, dürfte der Ultra-Block der Chemnitzer im Spiel gegen die Löwen nicht werden. Weil der sportliche Leiter Thomas Sobotzik am vergangenen Spieltag in München wegen angeblich verbaler Entgleisungen der Mannschaft den Gang in die Kurve verwehrt hatte, haben die Ultras einen entsprechenden Boykott im anstehenden Heimspiel angekündigt.

Stabilität durch Systemumstellung

Sportlich gesehen befinden sich die Sachsen derzeit ebenfalls im Tal der Tränen. Nach 6 Spieltagen stehen erst magere 3 Punkte auf der Haben-Seite. Lediglich Carl Zeiss Jena ist als einzige Mannschaft noch schlechter in die Saison gestartet. Zu Hause im Stadion an der Gellertstraße konnten bis dato lediglich zwei Unentschieden gegen Mannheim und Magdeburg als Erfolg verbucht werden. Nach drei bitteren Niederlagen in Folge stellte Cheftrainer David Bergner fortan auf ein defensiveres 5-4-1-Spielsystem um. Und so war der Hamburger SV nahe daran, sich in der ersten Runde des DFB-Pokals die Zähne an der neuen Defensiv-Taktik der Sachsen auszubeißen. In einem aufopferungsvollen Kampf über 120 Minuten musste letztendlich das Elfmeterschießen entscheiden, aus dem die Hamburger mit 8:7 als glücklicher Sieger hervorgingen. Ein 0:0 im Heimspiel gegen den 1. FC Magdeburg und ein respektables 2:2 im Auswärtsspiel am vergangenen Samstag auf Giesings Höhen gegen den Marktwert-Liga-Chrösus aus der Seitenstraße waren ebenfalls Folge der neuen defensiven Ausrichtung. Der spät erzielte Ausgleich in der Partie am vergangenen Spieltag zeigt zudem, dass die Mannschaft um Trainer David Bergner trotz mäßigem sportlichen Erfolges durchaus gefestigt ist.

Ist der TSV 1860 München drittligatauglich?

Selbiges kann Daniel Bierofka von den Seinen kaum behaupten. Die Löwen wirken nach den vergangenen schwankenden Leistungen stark verunsichert. Und so geht es bereits am siebten Spieltag im Auswärtsspiel in Chemnitz um viel. Nicht um alles. Aber auch nicht um weniger als die Richtung, in welche es für die Löwen in dieser Drittliga-Saison gehen wird. Der Kader des TSV 1860 München ist dabei, wie oft behauptet, weder zu jung, zu unerfahren, noch zu schlecht, um in dieser Liga nicht bestehen zu können. Mit einem Durchschnittsalter von 25,1 Jahren teilt man sich gemeinsam mit unserem nächsten Gegner Platz 7 der Alterstabelle. Die Liste derer, die in unserem Kader bereits höherklasssige (2. Bundesliga aufwärts) Erfahrungen auf dem Feld gesammelt haben, ist mit Sascha Mölders, Stefan Lex, Quirin Moll, Timo Gebhart, Nico Karger, Dennis Erdmann, Felix Weber, Aaron Berzel und Markus Ziereis, länger als bei manch anderem Club dieser Liga.

Insoweit kann man die Rufe nach Verstärkungen durchaus auch als Alibi interpretieren. Phasenweise haben es die Löwen in den Spielen zuvor bereits richtig gut gemacht, wenn auch wenig zählbares dabei rum gekommen ist. Die teilweise desolaten Leistungen gegen Mannheim und Magdeburg haben Gründe. Viele von uns Hobby-Fußball-Bundestrainern haben die Defizite in den Kommentarbereichen bereits aufgezeigt und sachlich analysiert. Unsere sportliche Leitung wird diese Woche ebenfalls selbiges getan haben. Es wird Zeit, Konsequenzen zu ziehen und sich auf das Wesentliche auf dem Rasen zu konzentrieren. Fußball ist im Grunde einfach. Um sich fehlendes Selbstvertrauen zu holen, gilt es, möglichst schnörkellos ein Spiel anzugehen. Die Laufbereitschaft muss stimmen, Pässe müssen ankommen, Zweikämpfe müssen gewonnen werden. Der Chemnitzer FC hat es mit der Umstellung auf eine andere, der Mannschaft entgegenkommendere Taktik, vorgemacht, wie es gehen kann.

Sechzig der richtige Gegner zur rechten Zeit?

Aus Sicht der Sachsen sind wahrscheinlich die verunsicherten Löwen aus München am bevorstehenden Freitag genau der richtige Gegner zur rechten Zeit. Die wollen den ersten Heimsieg, den ersten Dreier. Und sind wir uns mal ehrlich, nie waren die Chancen größer, die auswärtsschwachen Sechzger in einem Spiel vor heimischem Publikum zu schlagen. In dieser scheinbar unlösbaren Aufgabe liegt aber auch eine Chance. Für Daniel Bierofka galt es diese Woche, neben der Fehleranalyse seine Löwen wieder aufzubauen. Stark zu reden. Nur der Mutige wird belohnt. Vor was sollen die Jungs Angst haben? Angst zu verlieren, Angst Fehler zu machen? Derartiges Gedankengut muss raus aus den Köpfen der Spieler. Wir sind eine Mannschaft. Jeder hilft jedem. Genau diese Mentalität zu implementieren ist die Aufgabe des Trainers. Geht raus und spielt Fußball.

Der Löwenanhang wird Euch wie gewohnt lautstark, zahlreich und vor allem bedingungslos vor Ort unterstützen. Gemeinsam packen wir es gegen den Chemnitzer FC.

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