Der TSV 1860 München hat das kleine Derby gegen den FC Bayern München II verloren. Nach dem Spiel flammten Diskussionen über die Rolle der Bayern-Amateure in der Dritten Liga auf. Dabei ist das Farmteam der Roten noch ein verhältnismäßig kleines Problem. Oder der Anfang eines neuen kapitalistischen Fußballs.
„Zweitmannschaften in der Dritten Liga verbieten“, ist die Forderung vieler Fans, die nicht Anhänger des FC Bayern München sind. Von Wettbewerbsverzerrung ist die Rede. Der Kader des FC Bayern München II ist vom Marktwert deutlich teurer als die Konkurrenz. Der Verein aus der Säbener Straße steckt in seine Reserve und Ausbildungsmannschaft weitaus mehr Geld als andere Vereine der Dritten Liga in ihre erste Mannschaft überhaupt stecken können. Aus dem einfachen Grund: weil man´s eben kann. Und weil sich die Dritte Liga und die dort spielende Amateurmannschaft perfekt dafür eignet, junge Talente heranreifen zu lassen. Als sogenanntes Farmteam. Sie haben zum Ziel, zumeist junge Spieler Erfahrungen in einer tieferen Spielklasse sammeln zu lassen und später, wenn die Entwicklung entsprechend ist, in höheren Klassen einzusetzen. Bekannt vor allem im Eishockey, Basketball oder im American Football, etabliert es sich immer stärker auch im Fußball.
Farmteams vs. traditionelles Ausbildungsteam
Eine Zweitbesetzung, wie sie der FCB präsentiert, unterscheidet sich wesentlich vom traditionellen Weg: der Verein als Ausbildungsverein und Anlaufstelle für eigene, vor allem regionale Talente. Die jungen Spieler werden früh zusammengekauft. Das ist nicht immer gerne gesehen.
Es geht um Geld und um Macht. Und ein bisschen auch um Fußball.
Der Fußball hat sich verändert. Und dass die Zweitmannschaft des FC Bayern München aktuell die Dritte Liga aufmischt, ist im Grunde nur ein kleines Problem. Oder eben vielleicht nur der Anfang eines neuen kapitalistischen Fußballbeckens, in dem Investoren ihre engmaschigen Netze auswerfen. Es geht um Geld und um Macht. Und ein bisschen auch um Fußball. Zukünftig könnte auch in Deutschland die Fußballlandschaft so gut abgefischt werden, wie die Küste von Senegal durch europäische Industrieschiffe.
Die City Football Group
Denn was der FC Bayern mit seiner Zweitmannschaft macht, hat international schon ein ganz anderes Ausmaß. Scheich Mansour bin Zayed Al Nayhan kennen viele Sechzger Fans, weil er 1860-Gesellschafter Hasan Ismaik zumindest temporär eine wichtige Rolle bei Arabtec zusprach. Der Scheich aus der Herrscherfamilie Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten galt wohl irgendwie immer als großes Vorbild für Ismaik. Mansour kaufte 2009 Anteile am Fußballklub Manchester City. Sein Gefolgsmann Ismaik legte 2011 nach und erwarb Anteile beim TSV 1860 München. Anders als Ismaik war Mansour bislang jedoch erfolgreich mit seinem Klub. Er investierte allerdings auch schätzungsweise 1,46 Milliarden Euro. Den Kauf der Anteile noch gar nicht mit eingerechnet.
Mit seiner City Football Group beließ er es aber nicht bei Manchester City. Gleich neun weitere Klubs sind in der Zwischenzeit im Besitz der Investment-Gruppe. Meist eben quasi als Farmmannschaften: New York City, Melbourne City, Mumbai City, Montevideu City Torque, Sezhuan Jiunjiu, FC Girona, Yokohama F. Marinos und Lommel. Auf fünf Kontinenten verteilt. Häufig oft kurz vor der Insolvenz in die City Football Group einverleibt. Sie dienen dem Prestige und vor allem auch der Ausbildung junger Spieler. Wieviel vom eigentlichen Charakter der Klubs übrig bleibt, muss jeder für sich selbst wissen.
Deutschland bislang uninteressant
Teams aus Deutschland spielen dabei eher weniger eine Rolle. Der Grund: vermutlich vor allem die 50+1-Regel. Denn einfach einen Klub zu kaufen und ihn dann vor allem aus wirtschaftlicher Strategie heraus zu betrachten, ist nicht so einfach wie in anderen Ländern. Selbst bei insolvenzgefährdeten Klubs. Gut möglich, dass bei einem Fall der 50+1-Regel sich niemand mehr über die Zweitbesetzung eines Bundesligisten aufregt. Sondern darüber, dass mehrere Klubs irgendeinem Konsortium oder einem alleinherrschenden Investor gehören. Und am Ende vielleicht drei oder vier Mannschaften gar nicht aufsteigen können oder möchten.
Gäbe es die Hürde von 50+1 in Deutschland nicht, wäre der TSV 1860 München höchstwahrscheinlich schon längst verkauft. Und wäre dann unter Umständen selbst Farmteam. Vielleicht von der City Football Group des Scheichs aus Abu Dhabi. Finanziell könnten die Löwen damit deutlich besser dastehen. Weil man ein Farmteam auch füttern muss. Das weiß Scheich Mansour. Sonst kommt nämlich nix dabei raus.