Mit welcher Zielsetzung agiert Gesellschafter Hasan Ismaik im Rahmen des TSV 1860 München? Ist sein Interesse rein wirtschaftlicher Natur und er möchte den Wert seiner Anteile steigern? Oder sieht er sich auch als Teil der Fangemeinschaft und möchte von möglichst vielen Fans akzeptiert oder sogar respektiert werden?
Ein Kommentar
Ist Letzteres der Fall und zahlreiche Aussagen in der Vergangenheit deuten daraufhin, hat er in den vergangenen Monaten durchaus vieles richtig gemacht. Die leisen Töne sind für viele Fans oftmals angenehmer als brachiale Worthülsen. Hinter den Kulissen zu arbeiten und dann gemeinschaftlich mit Partnern auf die Bühne zu treten, wird von den Fans honoriert. Kritik bleibt immer. Und auch die Hardliner. Aber grundsätzlich war Ismaik durchaus auf einem guten Weg, für ein anderes Bild zu sorgen.
Einen Bärendienst haben ihm dann allerdings einige Gefolgsleute erwiesen. Zwei Mal flog ein Flugzeug über das Trainingslager. Mit einem Banner und den Worten: „Danke Hasan – you never walk alone.“ Von der gewünschten Gemeinsamkeit ist in dieser Botschaft nichts zu sehen. Vielmehr wirkt es wie ein plumbes und einseitiges Anbiedern der investorentreuen Gefolgschaft. Vor allem aber sorgt es für kontrovese Reaktion. Während das Werbefluggerät seine Kreise zieht, singen unten auf dem Boden Fans plötzlich wieder das sogenannte Scheichlied. Reaktion und Gegenreaktion. So war das schon immer bei den Löwen. Oft nicht wirklich zum Vorteil des Gesamtkonstrukt TSV 1860 München. Schade.
Ismaik hätte diese Aktion für sich nutzen können. Auf Facebook bedankt er sich bei den Initiatoren „dieser großen Überraschung recht herzlich“ und „weiß das sehr zu schätzen“. Besser wäre gewesen, wenn er die Chance anderweitig genutzt hätte. Hätte er sich für die Aktion bedankt und väterlich darauf hingewiesen, dass aktuell auch andere Protagonisten eine gewichtige Rolle in der Neugestaltung des TSV 1860 München spielen. Und ihnen ebenfalls Dank gebührt. Das wäre ein strategischer Schachzug gewesen.
Gesellschafter Ismaik wird nie alle Fans dazu bekommen, ihn zu respektieren. Vielleicht aber den einen oder anderen gewinnen, ihn zu akzeptieren. Und andere wiederum zumindest dazu, ihn zu tolerieren. Aber es wird immer auch Leute geben, die ihn ablehnen. Und für einige Hardliner ist es vollkommen egal, wer Investor ist. Sie lehnen grundsätzlich Investoren ab. Aber um das Maximum an Akzeptanz für sein Tun und Handeln zu bekommen, muss er vor allem eines tun: Polarisierungen möglichst vermeiden und gemeinsam mit den Partnern an der Zukunft arbeiten. Gemeinsam auftreten. Und da kann man durchaus betonen, dass er einen sehr wesentlichen Teil zu diversen Projekten oder Konzepten beiträgt.
Turki Al-Sheikh ist der Fußballinvestor des spanischen Zweitligisten UD Almeria. Er schlug einen Wechsel des Vereinslogos vor, führt ein hartes Regime, wechselt beliebig Spieler und Trainer oder auch Funktionäre aus und lässt sich von Mitarbeitern mit „Eure Majestät“ anreden. Bevor er zu UD Almeria kam, hatte er den ägyptischen Fußballverein Al Assiouty Sport gekauft und ihn nicht nur kurzerhand nach Kairo verlegt, sondern auch in FC Pyramids umbenannt. Die Fans rebellierten und er warf hin. Danach widmete er sich der spanischen Liga. Es gibt durchaus Paralellen zu Hasan Ismaik. Vor allem auch die Tatsache, dass Al-Sheikh sich zu seiner Zeit als ägyptischer Investor Ribamar andrehen ließ. Für 4 Millionen Euro. Die Löwen hatten „nur“ 2,5 Millionen gezahlt.
Aber es gibt auch Unterschiede. Ismaik zeigt sich jedoch deutlich weltoffener und mit großem Interesse an westlicher Kultur. Das ist durchaus eine Chance. Eben nicht so zu sein, wie Turki Al-Sheikh. Der übrigens auch Sportminister von Saudi Arabien ist und gerne mal entscheidet, wer in der Nationalmannschaft spielt. Glaubt man den zahlreichen teils wissenschaftlichen, teils philosophischen Abhandlungen von Ismaik im arabischen Raum, ist seine größte Stärke die Reflexion. Bei politischen und gesellschaftlichen Themen. Es gibt keinen Artikel, den ich mir nicht übersetzen lasse. Ismaik bleibt gedanklich nicht stehen, sondern entwickelt sich stetig weiter. Bringt neue Sichtweisen. Neue Erkenntnisse. Das ist eine gute Basis. Und eine Chance. Es muss nur beim TSV 1860 München auch ankommen.