Das komplexe Konstrukt der TSV München von 1860 GmbH & Co KGaA

Der TSV 1860 München ist für Außenstehende ein relativ kompliziertes Konstrukt. Wir versuchen das Ganze etwas zu verdeutlichen.

Wirklich einfach ist das Profifußball-Unternehmen des TSV 1860 München nicht aufgebaut. Viele Fans wundern sich, warum es zum Beispiel einen Gesellschafter gibt, der 60 Prozent Anteile am Unternehmen hat, allerdings nicht entscheiden kann, wer Geschäftsführer wird. Um etwas Licht in dieses Konstrukt zu bringen, haben wir das Ganze etwas übersichtlicher dargestellt.

TSV München von 1860 GmbH & Co KGaA

Die GmbH & Co KGaA ist eine Sonderform der Kommanditgesellschaft auf Aktien. Sie besteht aus einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) sowie der Kommanditaktiengesellschaft (KGaA). Die GmbH ist dabei der sogenannte Komplementär. Hier liegt die Vollhaftung für das Gesamtunternehmen. Die Kommanditaktiengesellschaft besteht aus den Kommanditaktionären, die nur mit ihrer Einlage haften.

Die Geschäftsführung GmbH

Der haftende Komplementär der Profifußball-Firma ist die Geschäftsführungs GmbH. 100-prozentiger Gesellschafter dieser GmbH ist der Mutterverein (TSV München von 1860 e.V.). Als Komplementär setzt sie die Geschäftsführung ein und kann im Rahmen ihres Verantwortungsbereiches als vollständig haftender Komplementär auch Anweisungen erteilen.

Die Geschäftsführungs GmbH, sowie ihre eingesetzten Geschäftsführer, stoßen allerdings beim TSV 1860 immer wieder an ihre Grenze. Nämlich dann, wenn mehr Geld benötigt wird als vorhanden. Dann müssen die Kommanditaktionäre eingebunden werden.

Die Kommanditgesellschaft des TSV 1860 München

Bei einer GmbH & Co KGaA gibt es Kommanditaktionäre. Dabei ist es völlig unerheblich wieviel Anteile sie an der GmbH & Co KgaA erwerben, sie haften nur mit ihrer Einlage. Die Aufgaben beschränken sich dabei auf wenige Mitspracherechte in den jeweiligen Kontroll- und Aufsichtsratgremien. Momentan gibt es zwei Kommanditaktionäre. Zum einen der TSV München von 1860 e.V. und zum anderen HAM International.

Geleitet wird die Kommanditgesellschaft von der Geschäftsführungs GmbH, also dem vollständig haftenden Komplementär. Der wiederum setzt hierfür eine Geschäftsführung ein. Das sind aktuell Marc-Nicolai Pfeifer und Günther Gorenzel.

Außerdem gibt es einen Aufsichsrat in dem alle Kommanditaktionäre vertreten sind. Der hat lediglich als Aufgaben: die Kontrolle, Überwachung und Beratung der Geschäftsführung.

Aufsichtsrat

  • Saki Stimoniaris (Vorsitzender) – HAM
  • Karl-Christian Bay (Stellvertr. Vorsitzender) – e.V.
  • Yahya Ismaik – HAM
  • Andrew Livingston – HAM
  • Robert Reisinger – e.V.
  • Sebastian Seeböck – e.V.

Die Kommanditaktionäre haben, wie bereits betont, eigentlich wenig Mitspracherecht. Allerdings ist dennoch immer wieder die Gesellschafterversammlung gefragt, also alle Kommanditaktionäre gemeinsam. Immer dann, wenn man operative Geschäfte plant, die über die finanziellen Möglichkeiten hinaus gehen. Und hierbei besteht das große Problem: die TSV München von 1860 GmbH & Co KGaA ist ein hochverschuldetes Unternehmen. Die Geschäftsführungs GmbH als Komplementär sowie seine eingesetzten Geschäftsführer können nur im Rahmen des bereits vorhandenen Kapitals Entscheidungen treffen.

TSV München von 1860 e.V.

Der TSV München von 1860 e.V. ist ein gemeinnütziger Verein. Das höchste Organ ist nicht etwa das Präsidium oder der Verwaltungsrat, auch wenn das nach außen hin oft so dargestellt wird. Sondern vielmehr die Mitgliederversammlung. Die Mitglieder entscheiden, wer sie nach außen vertritt und wählt hierbei einen Verwaltungsrat, sowie ein Präsidium.

Das Präsidium

  • Robert Reisinger (Präsident)
  • Heinz Schmidt (Vizepräsident und Schatzmeister)
  • Hans Sitzberger (Vizepräsident)

Der Verwaltungsrat

  • Sascha Königsberg (Vorsitzender)
  • Sebastian Seeböck (Stellvertr. Vorsitzender)
  • Dr. Markus Drees
  • Christian Groß
  • Gerhard Mayer
  • Norbert Steppe
  • Robert von Bennigsen
  • Nicolai Walch
  • Beatrix Zurek

Der TSV München von 1860 e.V. ist hundertprozentiger Gesellschafter der Geschäftsführungs GmbH und damit im Endeffekt der haftende Komplementär der TSV München von 1860 GmbH & Co KGaA.

Außerdem ist der TSV München von 1860 e.V. Kommanditaktionär der Kommanditgesellschaft und hält 40 Prozent der Anteile.

Der TSV München von 1860 e.V. entsendet diverse Personen in die verschiedenen Gremien der TSV München von 1860 GmbH & Co KGaA , die den e.V. vertreten. Drei Mitglieder des e.V. sitzen dabei im Aufsichtsrat der Kommanditgesellschaft und zwei Mitglieder im Beirat der Geschäftsführungs GmbH. Die Entsendung beschließt das Präsidium, der Verwaltungsrat des TSV 1860 muss diese Personen bestätigen.

Der TSV München von 1860 e.V. entlastet die KGaA im Bereich des Nachwuchsleistungszentrums. Die KGaA könnte diese Nachwuchsförderung nicht alleine stemmen.

HAM International Limited

HAM International Limited ist ein Unternehmen mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Das Unternehmen gehört zu 100 Prozent Hasan Ismaik.

Mit diesem Unternehmen besitzt er wiederum 60 Prozent an der Kommanditgesellschaft des TSV 1860 München, ist aber dabei kein haftender Komplementär. Das ist er auch dann nicht, wenn 50+1 fällt. Allerdings gibt es hier eine entsprechende Klausel im Kooperationsvertrag. Wenn 50+1 fällt, kann Ismaik dem e.V. die Geschäftsführungs GmbH abkaufen und wäre dann 100-prozentiger Gesellschafter der GmbH. Die Verteilung der Anteile an der Kommanditgesellschaft ist auch nach dem Fall von 50+1 irrelevant.

Hasan Ismaik ist dabei nicht nur mit HAM International ein Kommanditaktionär, sondern auch Kreditgeber. Damit die KGaA nicht pleite geht, muss er jedes Jahr eine bestimmte Summe von Krediten in Genussscheine wandeln.

H.I. Squared International und TSV 1860 Merchandising GmbH

Die H.I. Squared International ist ein Unternehmen mit Sitz in München. Sie gehört Hasan Ismaik, ein paar wenige Anteile an diesem Unternehmen hat wohl allerdings auch sein Bruder Yahya. Die H.I. Squared ist 100-prozentiger Gesellschafter der TSV 1860 Merchandising GmbH.

Aufgrund der vertraglichen Regelung wird allerdings ein Gewinn über 120.000 Euro mit der TSV München von 1860 GmbH & Co KgaA geteilt. Geschäftsführer der Merchandising GmbH ist Anthony Power.

tsv 1860 muenchen konstrukt
(c) Löwenmagazin

Herausforderungen

Warum gibt es eigentlich so viele Herausforderungen im Hinblick auf die strategische und operative Ausrichtung des Profifußball-Unternehmens?

Im Grunde entscheidet die Geschäftsführungs GmbH wer die KGaA als Geschäftsführung leitet und die wiederum trifft die operativen Entscheidungen. Doch immer wieder spielt auch der Aufsichtsrat der KGaA eine Rolle. Nämlich dann, wenn es Entscheidungen gibt, die seitens der Kommanditaktionäre getroffen werden müssen. Heißt im Endeffekt: wenn in irgendeiner Weise mehr Geld benötigt wird. Und das ist auch jedes Jahr der Fall.

Verständlicher Ärger von Hasan Ismaik

Das Konstrukt einer GmbH & Co KGaA macht durchaus Sinn. Eine persönliche Haftung eines vollhaftenden Komplementärs ist nicht mehr gegeben. An seine Stelle rutscht die GmbH. Die Unternehmensführung bleibt beim ursprünglichen Eigentümer, unabhängig wie viele Anteile verkauft werden.

Hasan Ismaik hatte wohl ursprünglich allerdings angenommen, dass er 60 Prozent einer KGaA ohne die entsprechende deutsche Sonderform mit einer GmbH als Komplementär kauft. Oder aber, dass 50+1 fällt und er aufgrund des Kooperationsvertrages die GmbH dann kaufen kann. Man kann es dabei durchaus so sehen, dass Ismaik hierbei über den Tisch gezogen wurde. Vor allem, weil die Löwen auch immer wieder Funktionäre anzog, die sein Geld annahmen und dann quasi aus dem Fenster warfen. Das er misstrauisch geworden ist, ist durchaus verständlich.

Als Peter Casalette Präsident wurde und dieser dann als Vertreter des e.V. und damit 100-prozentiger Gesellschafter der Geschäftsführungs GmbH praktisch Ismaik die Wünsche von den Lippen ablies, wurde es allerdings nicht besser. Sondern es wurde ein immenses Schuldenkonstrukt geschaffen. Auch hier wurde Ismaik wohl mehrfach über den Tisch gezogen. Zum Beispiel von Spielerberatern.

Und nun? Nun gibt es ein Präsidium das konsolidieren will. Eigentlich sollte das Ismaik in die Karten spielen. Aber es scheint Kommunikationsprobleme zu geben. Hasan Ismaik wünscht sich, “dass der Klub möglichst alle wichtigen Spieler, deren Verträge jetzt auslaufen, verlängern kann”. Wird er richtig beraten, dann weiß er, dass das aktuelle Budget hierfür nicht ausreicht. Die Geschäftsführung kann nur im Rahmen der ihr vorgegebenen Finanzen agieren. Will man einen ähnlichen Kader wie diese Saison auch in der kommenden Saison, muss die Gesellschafterversammlung der Kommanditaktionäre tätig werden. Und dabei macht es durchaus Sinn, wenn Ismaik persönlich mit dem Mitgesellschafter spricht statt mit Zwischenhändlern.

Titelbild: Stockfotos, Fotos, Vektoren, Illustrationen und Videos | Enterprise | Depositphotos

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