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Daniel Bierofka und die Suche nach den Gründen seines Abschiedes

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Nach vierzehneinhalb Jahren ist Daniel Bierofka von den Löwen weggegangen. “Es war eine sehr intensive Zeit”, meint der Aufstiegstrainer, der die Sechzger aus der Regionalliga in die Dritte Liga geführt hat. “Es ist die Zeit gekommen, wo es jetzt so ist und ich akzeptiere es!” Jetzt schaut er nach vorne. Allerdings nicht ohne vorher die Fragen des BR Fernsehen zu beantworten. In einem exklusiven Interview mit Markus Othmer.

Gut sieht er aus – Daniel Bierofka. Der Ex-Trainer des TSV 1860 München. Der Bart gepflegt und die Mimik befreit von jeglichem Stress. Er trägt ein weißes Hemd, dazu ein schwarzes Sakko mit Ellenbogen Patches. Es ist nicht das erste Mal, dass Biero ein solches Sakko trägt. Eine Jacke, die einen Hauch von Nostalgie versprüht. Das Lieblings-Jackett von Opa wurde damals von Oma mit einem Flicken repariert. Die “Umweltsau” (wie der WDR in einem satirischen Lied anmerkte) wusste sich eben zu helfen. Fernab vom heutigen verschwenderischen Konsum, bei dem man sich eben eine neue Jacke kauft und Flickzeug gar nicht mehr bereitliegen hat. Daniel Bierofkas Sakko ist freilich nicht geflickt, sondern ein modisches Accessoir. Ein Fashion-Stil, der ein Stück weit Draufgängertum und harte Arbeit signalisieren möchte.

Die vergebliche Suche nach den Gründen des Abschieds

Markus Othmer heißt der Moderator der Sendung Blickpunkt Sport mit Daniel Bierofka. Der Journalist möchte wissen, was nun dran ist am möglichen Krankheitsbild “Burn Out”. Nichts, meint Biero. “Wenn man solange bei dem Verein ist, dann kommen solche Gerüchte mal hoch, aber mir geht es sehr, sehr gut und mir ging es auch damals gut”, meint der Ex-Trainer der Löwen. Er hatte sich zwei Tage vor seinem Abgang Zeit genommen. Es war keine überstürzte Entscheidung. “Wohlüberlegt und dementsprechend habe ich die Entscheidung auch so getroffen”.

Was waren dann die Gründe? Eine Frage, die nicht nur den BR interessiert, sondern auch viele Fans. Es sei ein längerer Prozess gewesen, antwortet Biero, wo er gemerkt habe, dass es zwischen ihm und “den Verantwortlichen oder den handelnden Personen einfach keine Basis mehr gibt und keine vertrauensvolle Zusammenarbeit mehr möglich ist”. Als Trainer bräuchte man einen gewissen Rückhalt. “Den habe ich einfach nicht mehr gespürt”.

Wer sind die handelnden Personen? Das sagt Daniel Bierofka nicht. Es ist aber im Grunde auch gar nicht notwendig, denn Moderator Othmer übernimmt dies für ihn. “Über die handelnden Personen müssen wir sprechen”, meint der Journalist, “über die beiden Lager, die es gibt. Wir sehen stellvertretend den Löwen-Präsident Reisinger, der für den e.V. steht und auf der anderen Seite den Investor Hasan Ismaik.” Die Geschäftsführung und sportliche Leitung, denen eigentlich das operative Geschäft beim TSV 1860 München obliegt und die mit Bierofka im Tagesgeschäft Berührung hatten, sind dabei schon mal außen vor. Damit hat der BR das Interview genau dort, wo man eben die Löwen gerne sieht: direkt im Konflikt zwischen dem Präsidium und dem Investor. Der schwer gebeutelte und immer gespaltene Klub 1860, das ist es was Zuschauer bringt und die Menschen zu interessieren scheint. Und Othmer macht das gekonnt: Schublade auf – Fan rein.

“Der TSV 1860 hat vor Daniel Bierofka existiert und er wird es auch nach ihm tun”, zitiert Othmer den Präsidenten des TSV München von 1860. Eine Aussage aus den “häufig gestellten Fragen zum Profifußball”. Der Journalist will wissen: “Wie sehr hat dich diese Geschichte verletzt?” Bierofka meint, sie habe ihn erst einmal irritiert. Er habe selbst immer gesagt, er wäre eine temporäre Person. “Ich habe mich nie über den Verein gestellt sondern immer gesagt, in der Zeit wo ich hier bin möchte ich versuchen das maximale für den Verein rauszuholen”. Bierofka schiebt nach: “Und dass natürlich auch noch öffentlich mein Gehalt bewertet wurde, war natürlich, eigentlich ein No Go aus meiner Sicht.” Es ist nicht das erste Mal, dass Gehälter in den vergangenen zweieinhalb Jahren thematisiert werden. Die tz München hatte im Jahr 2017 die Gehälter der Spieler öffentlich in die Diskussion gebracht. Auslöser war dabei damals nicht eine Aussage des Präsidiums, sondern Trainer Daniel Bierofka selbst.

“Wir hatten in den zweieinhalb Jahren eher weniger Austausch”, meint Bierofka im Hinblick auf Präsident Reisinger. “Ich war für die KGaA zuständig, ich war Trainer und er hat ja auch entsprechend gesagt, dass er der Präsident des e.V.’s ist. Da gab es deshalb nicht so viele Berührungspunkte in den zweieinhalb Jahren.”

Die zwei Lager des TSV 1860 München

“Viele, die beim TSV 1860 München nicht so im Stoff sind, kennen die natürlich nicht”, sagt Othmer über die zwei Lager der Löwen. Deshalb erklärt der Moderator dem geneigten Zuschauer die Situation. Es gäbe zwei grundsätzliche Gruppierungen. “Die einen sagen: Konsolidierung, Dritte Liga, möglicherweise sogar zurück in die Vierte Liga, die anderen sind ganz klar für Profifußball!” Und Othmer geht noch weiter. “Die Köpfe sind der Präsident Reisinger, der für Konsolidierung steht” und “Hasan Ismaik auf der anderen Seite, der Investor, der für sportlichen Erfolg steht.” Die wenig objektive Darstellung von Othmer ist Vorlage für seine Frage, warum sich genau diese beiden nicht zusammensetzen. “Es wäre auf jeden Fall mal wünschenswert, dass sie sich auch mal persönlich austauschen. Ich denke, das wäre der erste Schritt”, antwortet Bierofka. Das sei schon immer sein Statement gewesen, erklärt er. Deshalb habe er sich selbst angreifbar gemacht, weil man ihn immer ein wenig auf die Seite Ismaiks gestellt habe. “Was überhaupt nicht stimmt, es ging mir immer nur um die Perspektive und aus meiner Sicht gibt es die Perspektive nur zusammen”.

Dauerthema: Die Löwen und die ehemaligen Spieler

Beim FC Bayern München werden ehemalige Spieler stets eingebaut. Ganz aktuell ist dies der Fall bei Oliver Kahn, meint Markus Othmer. “Bei den Löwen ist das jetzt gar nicht mehr der Fall.” Biero sei in dem Punkt der letzte Mohikaner. Der BR blendet eine Fotomontage mit Bernhard Winkler, Michi Hoffmann und Magic Kneissl ein. “Wieso werden die, auch stellvertretend für andere, nicht mehr eingebaut?” Daniel Bierofka hat darauf keine Anwort. Er findet es allerdings Schade. Es würde Sechzig guttun. Weil sie den Verein nach außen vertreten würden, auch durch das was sie mal waren.

Daniel Bierofka und Hasan Ismaik

Mit Hasan Ismaik hatte Daniel Bierofka drei bis vier Mal Kontakt. “Es ist klar, ich war Angestellter der KGaA, Ismaik ist der Mehrheitsgesellschafter der KGaA und war im Endeffekt mein Chef”, meint Biero. “Wir hatten einen respektvollen Austausch und er hat mir in gewisser Weise auch vertraut, weil er gemerkt hat, dass es mir um den Verein geht und nicht um persönliche Eitelkeiten.”

Im März habe man erst erfahren, so Bierofka, dass der Verein entschieden hatte Sparmaßnahmen zu ergreifen.* Man habe das Budget drastisch gekürzt. Er sei deshalb zu Ismaik rübergeflogen und hätte gefragt, ob der Investor unterstützen könne. Mit Prince Owusu und Timo Gebhart hätte Ismaik das dann auch getan. Und auch bei Berzel hätte er etwas dazugegeben.

* gemeint ist der bereits 2017 durch Interims-Geschäftsführer Fauser ausgerufene Konsolidierungskurs, der im März 2019 von Reisinger noch einmal betont wurde.

Das Verhältnis zur Mannschaft

Ein Trikot mit der Aufschrift “Danke Biero” hatten die Spieler beim Auswärtssieg in Halle in die Kamera gehalten. Dafür hätten sich die Spieler vor dem Präsidium später verantworten müssen, behauptet Markus Othmer. Richtig ist das allerdings nicht, wie der Verein gegenüber dem Löwenmagazin auf Anfrage erklärt. So eine Zurechtweisung gab es nicht. Der Moderator möchte auf das Verhältnis von Biero zur Mannschaft hinaus. Dieses Verhältnis sei nicht beschädigt gewesen, meint Othmer. “Es war eine ganz spezielle Situation”, erklärt Bierofka. “Ich habe den Verein übernommen wo der Totalzusammenbruch war. Wir hatten keine Mannschaft mehr.” Der Kern der Mannschaft seien dann Spieler der U21 geworden. Die habe er lange betreut und es war eine enge Beziehung da. Hier scheint der sprichwörtliche Hund also begraben zu sein. Wie war das Verhältnis zu Günther Gorenzel und dem Trainerteam in den letzten Wochen vor seinem Abschied? Eine Frage, die Othmer nicht stellt. Am Ende bleibt eben doch der Eindruck, als wäre der Gesellschafter-Streit der Grund. Und vor allem die Tatsache, dass die einen Profifußball wollen und die anderen nicht. Das zumindest meint der BR.

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