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Ein Coach zwischen demütiger Arbeit und Glorifizierung

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Ein Kommentar

BierofkaDaniel Bierofka ist seit dem Abstieg in die Regionalliga in den Mittelpunkt gerückt. Für die Fans war er nach dem sogenannten “Schwarzen Freitag” ungemein wichtig. Mit ihm konnten sich im Endeffekt alle identifizieren, egal aus welchem Lager man kam. Bierofka steht für das alte Sechzig genauso wie für das neue.

Von 2000 bis 2002 bestritt er 55 Ligaspiele für die Löwen und erzielte sieben Tore. Mit Trainer Werner Lorant erlebte er die Endphase in der ersten Bundesliga. Danach folgte der Abstiegskampf, die Bestechungsvorwürfe gegenüber Karl-Heinz Wildmoser und seinem Sohn und ein stetiger Fall in eine immer größer werdende Spirale in ein finanzielles Chaos.

Zwischenstationen in Leverkusen und Stuttgart

Daniel Bierofka landete erst in Leverkusen. Schließlich beim VfB Stuttgart, wo er im Jahr 2007 Deutscher Meister wurde. Zur gleichen Zeit war der TSV 1860 München das Mittelmaß der 2. Bundesliga. Für den Münchner Traditionsverein kam eine Zeit vieler Ideen. Doch nichts zündete. Der Aufstieg in die erste Liga blieb verwehrt.

Der Rückkehrer

Daniel Bierofka kam zurück. Im Sommer 2007. Christian Träsch wechselte im Gegenzug zum VfB. Mit 1860 erlebte er dann den Einstieg von Investor Hasan Ismaik. Am 30. Mai 2011 wurde der Kooperationsvertrag unterschrieben. Genau der Vertrag, der laut Mitgliederversammlung aufgelöst werden muss. Bisherige Resultate sind unbekannt.

Bierofka beendete nach der Saison 2013/14 seine Spielerlaufbahn. Er wurde Trainer bei der U16. Im Februar 2015 wurde er Nachfolger von Torsten Fröhling und übernahm die zweite Mannschaft. Fröhling wurde Cheftrainer der Ersten. Im harten Abstiegskampf zum Ende der Saison 2015/16 übernahm er mit einer Sondergenehmigung der DFL die erste Mannschaft. Die konnte sich den Klassenerhalt sichern. Anschließend, vor allem mangels Trainerlizenz, wurde er wieder Trainer der zweiten Mannschaft.

Am 22. November 2016 wurde er erneut Coach der ersten Mannschaft. Als Interimstrainer übernahm er bis zur Winterpause. Vitor Pereira kam, Bierofka wurde Co-Trainer. Als Nebentätigkeit zu seiner Aufgabe als Cheftrainer der zweiten Mannschaft.

Der “Retter” von Sechzig

Es folgte der freie Fall in die vierte Liga: die Regionalliga Bayern. Einst Bundesligaspieler bei 1860, dann in die 2. Liga zurückgekehrt, dann Trainer der zweiten Mannschaft, zweimal die Notlösung für die erste Mannschaft und schließlich der “Retter” von Sechzig. Man hatte das Gefühl, die “Ratten verlassen das sinkende Schiff”. Und Daniel Bierofka war der Letzte, der die Fahne nach oben hielt.

Toto-Pokal: TSV 1860 - FC Unterföhring
Daniel Bierofka

Ganz ehrlich, das ist Stoff für eine zukünftige Legende. Und es ist durchaus verständlich, dass man von vielen Seiten Daniel Bierofka bereits glorifiziert. Ein Punkt, der im Moment auf die Spitze getrieben wird. Und der mich in letzter Zeit ein wenig stört. Uns allen ist klar, dass er in einer schweren Zeit für uns alle eine Identifikationsfigur war und es noch immer ist. Er ging mit in die Regionalliga. Er baute eine solide Mannschaft auf. Wir stehen auf Platz 1 in der Tabelle und sehen aufregenden Fußball. Wir konnten bislang im Toto-Pokal bestehen und wir haben ein ziemlich tolles “Wir-Gefühl” im Grünwalder Stadion. Nicht zuletzt auch wegen Trainer Daniel Bierofka. Er ist wichtig für uns. Er ist einer der zentralen Figuren in unserem System.

Die Glorifizierung eines aktiven Trainers

Aber wir sind nun mal in der Regionalliga. Die erste Hälfte der Saison ist noch gar nicht gelaufen und vielerorts lobt man Bierofka nicht nur für seine Arbeit, man glorifiziert ihn. Ich frage mich, ob das gut ist. Mich persönlich nervt es sogar ein wenig. Denn wie Bierofka selbst sagt, die großen Brocken an Konkurrenten stehen noch vor uns. Ich persönlich finde es absolut genial, wie die Stimmung ist und auch die Euphorie ist etwas, wo ich mitschwimme. Doch in der Regionalliga müssen wir bestehen. Und zwar über eine ganze Saison. Demütige Arbeit ist für mich angesagt, keine verfrühte Heldenverehrung und eben auch keine Glorifizierung. Ich bin mir sicher, dass Bierofka als einer der großen Helden in die Geschichte des Vereins eingehen kann.

Ich glaube an Daniel Bierofka. Ich habe Vertrauen in ihn als Trainer. Und ein bisschen mein persönlicher Held in der Regionalliga ist er durchaus. Es ist auch gar nicht nötig, jede Woche herauszustellen, wie großartig er ist. Und vielleicht ist es auch gar nicht gut. Wir sind auf einem aktuell sinnvollen Weg, zweifelsohne. Aber wir haben noch viele spannende Spiele vor uns. Glorifizieren möchte ich ihn nicht. Noch nicht. Die Zeit kommt vielleicht. Im Moment wünsche ich ihm einfach als Fan weiterhin so ein glückliches Händchen und viel Erfolg. Ich wünsche ihm die Kraft und die Ruhe, die Gelassenheit, Intelligenz und vor allem auch die Ruhepausen, die man als Mensch benötigt. Vor allem aber bin ich froh, dass er da ist. Im Moment kann ich mir einfach niemand anderes auf seinem Stuhl vorstellen.

Vergleiche mit Werner Lorant finde ich persönlich nicht gut. Es mag sein, dass sie sich in einigen Punkten ähneln. Dass manche in Bierofka den damaligen Trainer Lorant wiedererkennen. Und es ist menschlich immer wieder Parallelen zu ziehen. Doch Bierofka ist und bleibt ein völlig anderer Typ. Und das ist auch gut so. Die alte Zeit ist vorbei. Vor allem wegen ihm. Weil Daniel Bierofka eine eigene Ära begonnen hat. Er muss dort seine eigene Identifikation finden und im Moment brauchen wir ihn als Trainer und nicht als verfrühte Legende. Inmitten der gesamten Glorifizierung macht er das im Moment ganz gut.

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