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Coronastreit in der Dritten Liga – geht es um die Sache? – Ein Kommentar

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Die Dritte Liga ist schwer gespalten. Der Streit: Soll man nun mit Geisterspielen die Spielzeit weiterführen oder die aktuelle Saison abbrechen? Um die Sache geht es dabei kaum. Ein Kommentar zur aktuellen Lage.

Einig ist man sich aktuell in der Dritten Liga vor allem über eines: dass man sich nicht einig ist. Die einen wollen die Saison abbrechen, die anderen wollen mit Geisterspielen die Saison zu Ende spielen. Wer sich die Argumentationen durchliest oder anhört, dem fällt vor allem eines auf: Niemand spricht wirklich zur Sache. Kaum jemand spricht darüber, ob Spieler und deren Familien nun geschützt werden müssen oder geschützt werden können. Kaum jemand spricht über die potentielle Gefahr von COVID-19. Wer sich das Hygienekonzept durchliest, kann sich nur wundern. Im Grunde geht es nur darum, der Politik zufriedenstellende Regeln zu präsentieren und die Zustimmung für den Spielbetrieb zu bekommen. Denn, dass Spieler nicht gemeinsam durch den Spieler-Tunnel dürfen und auch im Vorfeld voneinander distanziert werden, auf dem Platz aber dann Mann gegen Mann spielend aufeinander treffen, ist irgendwie skuril. Wägt man die Gefahr ab und sieht es als richtig an, Profifußball durchzuführen, dann kann man auch auf den Hickhack verzichten. Weil er nicht ehrlich wirkt.

Sieht man sich die Diskussionen der Klubs an, fällt auf: Im Grunde hat jeder seine eigenen Interessen und die sind vermutlich meist finanzieller Natur. Glaubt die Klubführung, dass ein Abbruch finanziell sinnvoll ist, sucht man nach Argumenten gegen die Fortsetzung des Spielbetriebs. Der FC Carl Zeiss Jena macht es sich da leicht und schiebt es auf die Politik. In Thüringen ist Mannschaftstraining verboten. Fertig. Professionellen Mannschaftssport wird es in Thüringen bis zum 5. Juni nicht geben. Carl Zeiss Jena ist Tabellenletzter. Ein Abbruch kommt also gelegen. Wird die Saison fortgesetzt, wäre der Abstieg klar. Der 1. FC Kaiserslautern hat sich bei der Abstimmung zur Fortsetzung enthalten. Nun fordert man jedoch eine neue Abstimmung. “Wir sind unter gegebenen Umständen dafür, dass noch einmal abgestimmt wird”, so der Pfälzer Klub vom Betzenberg. Was sind “gegebene Umstände”? Mit der Entwicklung der Pandemie haben die vermutlich wenig zu tun. Dem 1. FC Kaiserslautern droht die Zahlungsunfähigkeit und eine Insolvenz. Das hat sich in den letzten Tagen verschärft. Auch hier geht es nicht um die Sache an sich. Um die Eindämmung der Pandemie und um die Umsetzung eines Hygienekonzeptes. Der TSV 1860 München plädiert für eine Fortsetzung. Die Entscheidung zum geplanten Neustart sei “essenziell wichtig” für die Löwen, so Michael Scharold. Man müsse sich als verlässlicher Partner gegenüber dem Fernsehen und den Sponsoren zeigen, seine Begründung. Die Summe, die man vom DFB bekommt, decke die Kosten für die Umsetzung des Hygienekonzeptes, meint der Geschäftsführer der Löwen. Die Führung anderer Klubs widerspricht und kommt zu anderen Ergebnissen. So oder so: Nachprüfen kann man die Aussagen als normaler Fan ohnehin nicht. Denn wirkliche Zahlen fehlen in den Argumentationen.

Der Deutsche Fußball-Bund muss nun vor allem eines tun: eine Entscheidung treffen. Und zwar möglichst zeitnah. Denn das “Herumgeeiere” der Klubs geht allen mächtig auf den Zeiger. Die Diskussionen basieren auf oftmals vorgeschobenen Gründen, auf Annahmen und auf fadenscheinigen, finanziellen Berechnungen. Die immer wieder anders ausfallen, je nachdem bei welchem Klub man nun nachschaut. Kaum einer sagt, dass die Pandemie eine große Gefahr ist und deshalb nicht weitergespielt werden kann. Oder, dass das Hygienekonzept eben ausreicht und ein Spielbetrieb ohne Gefahr möglich ist. Die Diskussionen sind selbstsüchtig. Mag sein, dass das auch dazu gehört, wenn man Geschäftsführer einer Firma ist. Dass man seinen Betrieb unter allen Umständen gerettet haben möchte.

Der Fußball sieht sich gerne als moralischer Botschafter. Wenn es um Drogen geht oder um Rassismus. Um Förderung der Jugend oder der Integration von Behinderten. In der Krise zeigt sich jedoch, dass es rein um Wirtschaftsbetriebe geht. Die gerne mal die Hand aufhalten und auf die Solidarität der Fans hoffen. Aber Entscheidungen vor allem aus finanziellen Gesichtspunkten treffen. Und die sich oftmals nicht wirklich als Moralapostel eignen.

So oder so: Der Deutsche Fußball-Bund muss schnellstmöglich eine Entscheidung treffen. Für Geisterspiele oder eben für einen Abbruch. Mir ist das in der Zwischenzeit gar nicht so wichtig, was nun entschieden wird. Ich möchte einfach als Fan Klarheit, wie es weitergeht.

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