„Am Ende des Tages …“ ist eine Redewendung die Günther Gorenzel oft verwendet. Gerne verwendet der Geschäftsführer Sport auch „Fakt“ oder „Vollstes Vertrauen“. Am Ende des Tages bleiben vor allem viele Phrasen. Ein Kommentar zur aktuellen Lage des TSV 1860 München.
Der TSV 1860 München zehrte bisher von einer immensen Aufbruchstimmung. Modern mit Hashtags garniert wurde und wird das Gefühl von einem gemeinsamen Weg zelebriert. #GemeinsamFürSechzig oder #EinTeamEinWeg sind die Botschaften. Das lief bislang auch recht gut und hatte durchaus positive Auswirkungen: Die Fans zahlten treu ihre Dauerkarte, obwohl in dieser Saison wohl wenig Hoffnung besteht, überhaupt ein Fußballspiel live und vor Ort zu sehen. Unternehmen erweitern ihr Sponsoring oder kommen neu hinzu. Auch die Medien versucht man ins Boot zu holen. Kritik an einem der Gesellschafter ist momentan eher ungern gesehen. Kommt sie doch, gibt es dann auch mal einen Anruf oder ein persönliches Gespräch. Doch die Kritik nimmt zu. Sie betrifft allerdings vor allem die Kaderplanung. Wobei: Sport und Klubpolitik gehen ohnehin Hand in Hand.
Im Grunde hatten die Löwen, betrachtet man sie im Gesamten, einen Traumstart. Im Verhältnis der Gesellschafter kehrte der Giesinger Friede ein. Die Fans waren überrascht, als die Verpflichtung des neuen Geschäftsführers Marc-Nicolai Pfeifer nicht nur ruhig, sondern mit gemeinschaftlichen Tönen verkündet wurde. Und auch das gemeinsame „nachhaltige Finanzpaket“ sorgte für eine große Überraschung. Die Aufbruchstimmung war eingeleitet. Und die gute Stimmung breitete sich aus. Vor allem aber wirkte sie sich aus. Hauptsponsor „die Bayerische“ und weitere Sponsoren griffen tief in die Tasche. Zudem sorgten die treuen Fans für eine mehr oder weniger große Überraschung. Tausende von Dauerkarten wurden verkauft. Obwohl diese Saison vermutlich keiner dieser Fans das Stadion von innen sehen wird. Zumindest bis April sind Zuschauer unwahrscheinlich. Eher allerdings bis Juni.
Sportlich lief es anfänglich recht gut. Besser als im vergangenen Jahr, betonte Günther Gorenzel noch vor eineinhalb Wochen. Vor dem Spiel gegen Türkgücü München hatten die Löwen 19 Punkte auf dem Konto. Ein Jahr zuvor waren es 14 Punkte. Ein Erfolg für Gorenzel, weil man im Sommer einen Umbruch einleiten konnte. Und zwei Spiele später? Es kam lediglich ein Punkt hinzu. Aktuell sind es demzufolge 20 Punkte in 14. Spieltagen. Im vergangenen Jahr waren es nach dem 14. Spieltag immerhin 17 Punkte. Damals noch (zum letzten Mal) unter Daniel Bierofka. Erst nach dem 4:2 Sieg gegen Viktoria Köln legte er sein Traineramt nieder. Verliert man das kommende Spiel gegen Waldhof Mannheim, stehen am 15. Spieltag genauso viele Punkte auf dem Konto wie im vergangenen Jahr. Ob solche Vergleiche hilfreich sind, muss jeder Fan für sich selbst wissen. Aber Günther Gorenzel muss sich daran messen lassen. Weil er diesen Vergleich zuletzt selbst zog.

Der Trainer habe Wünsche und er selbst habe Wünsche, meint Gorenzel nachdem ein nachhaltiges Finanzpaket beschlossen und dann noch einmal eine kräftige Finanzspritze zusätzlich kam. Er wolle nur Spieler holen, „die uns sofort weiterhelfen“. Geholfen haben diese Spieler bislang wenig. Die Frage, ob mit den vorhandenen finanziellen Mitteln der Kader richtig verstärkt wurde oder nicht, ist also durchaus naheliegend. Das verfügbare Budget scheint trotz Corona-Krise in diesem Jahr ähnlich wie im vergangenen Jahr. Dank hoher Kreativität im Bereich der Finanzen. Der aktuelle Kader scheint zumindest auf dem Platz im Vergleich zum vergangenen Jahr nicht schlechter. Wohl aber deutlich dünner besetzt. Vielleicht ist damit auch zu erklären, warum Trainer Michael Köllner gar nicht oder spät wechselt. In der 90. Minute Erdmann einzuwechseln, nach vorne zu schicken und auf eine Standardsituation zu hoffen, bei dem Erdmann seine Kopfballstärke beweisen kann, ist eine wagemutige Taktik. Die eher nach Verzweiflung aussieht.
Am Ende bleibt eine Erkenntnis: gewinnen die Löwen und läuft es sportlich, stört es herzlich wenig, wenn Günther Gorenzel mit populären Redewendungen für Unterhaltung sorgt. Zeigt sich „am Ende des Tages“ die Aufbruchstimmung der Löwen nicht auch im sportlichen Bereich, wirkt es wie reine Phrasendrescherei. Und die nervt gewaltig. Phrasen zählen nichts, was zählt ist alleine das Ergebnis auf dem Platz.