Du betrachtest gerade 90 Minuten Hasan Ismaik in KarlshuldIMAGO / Ulrich Wagnerc
München, Deutschland 27. Mai 2024: Hasan Ismaik, Mehrheitsgesellschafter beim TSV 1860 München traf sich mit den Meisterlöwen von 1966 zu einem Gespräch, hier im Bild Hasan Ismaik, Kopf, Portrait, redend, Hand heben *** Munich, Germany 27 May 2024 Hasan Ismaik, majority shareholder of TSV 1860 Munich met with the 1966 champion lions for a conversation, here in the picture Hasan Ismaik, head, portrait, talking, raising hand

90 Minuten Hasan Ismaik in Karlshuld

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Hasan Ismaik betreibt aktuell Wahlkampf für die Verwaltungsratswahlen. Vor allem die Kandidaten für das Bündnis Zukunft und Saki Stimoniaris haben es ihm angetan. Gestern besuchte er die Klosterlöwen Karlshuld. Wir zeichnen den gestrigen Abend für euch nach.

Der Gastgeber der Klosterlöwen Karlshuld eröffnete um 19.50 Uhr den Abend mit den Worten, man würde sich ein „vernünftiges Miteinander, gegenseitigen Respekt und eine schöne, informative und angenehme Zeit“ wünschen. Danach übernahm Hasan Ismaik das Mikrofon und erklärte, dass der Hauptgrund seiner Tour durch Bayern sei, die Fans zu motivieren, an den kommenden Wahlen teilzunehmen. Er wolle nicht, dass es so weiter geht und „300 Personen das Schicksal des Vereins“ bestimmen, während es 26.000 Mitglieder gibt.

Alles und Jeder ist Schuld

Gleich zu Beginn nutzt er, das auch in der Bundespolitik gewohnte Narrativ, von einer Minderheit, welche die Geschicke des Vereines bestimmen würde. Ismaik meint, dass dies „gegen die demokratischen Prinzipien der Zusammenarbeit und der Demokratie“ sei und dass diese kleine Gruppe die Entscheidungen treffen „ohne die Anderen teilnehmen zu lassen“. „Alle Fans und vor allem Mitglieder“ sollen an der Verwaltungsratswahl am 16. Juni teilnehmen. Nach dieser kurzen Einführung von Hasan Ismaik konnten die ca. 60 anwesenden Löwen Fragen stellen. Neben Ismaik saßen sein Dolmetscher, Saki Stimoniaris, Anthony Power, Hans Sitzberger und vom Bündnis Zukunft Klaus Ruhdorfer.

Die erste Frage aus dem Publikum war, warum er sich nicht mit Robert Reisinger treffe. Ismaik meinte, er hätte den Kontakt zum e.V. nicht abgebrochen und in Bezug auf die Personalie Michael Köllner „ihnen (Anm. dem eV) die Freiheit erlaubt, den Verein zu managen und Alles selbst zu entscheiden.“ Ismaik hätte ja seine Vertreter vor Ort. Er hätte Robert Reisinger immer wieder angeboten, dass er ja zu ihm kommen könnte. Er wäre allerdings nie gekommen. In den letzten sieben Jahren hätte Ismaik „nichts bekommen, außer unerfüllte Versprechungen, Fälschungen von Wahrheiten und Tatsachen. Änderungen der Tatsachen und Wahrheiten und keinen Dank für die Leistungen, die wir erbracht haben“. Mit wir meint Hasan Ismaik wohl seine Firma HAM Int. bzw. seine Statthalter vor Ort. Mit die meint er entweder den e.V. oder/und den Verwaltungsrat. „Die haben den Verein von innen auseinander genommen und geschwächt.“

Der einzige Plan wäre, dass der TSV 1860 München in der 3. Liga bleibt und Hasan Ismaik aufgeben würde. „Dafür haben sie einen heimtückischen Plan erarbeitet.“ Nach der Freistellung von Michael Köllner fragte die HAM Robert Reisinger wohl, warum er Köllner entlassen habe (Anm. ein Präsident kann beim TSV 1860 faktisch keinen Trainer entlassen). Die Antwort des e.V. war wohl, dass dies Günther Gorenzel gewesen sei. Ismaik meinte in Karlshuld nun, dass Gorenzel irgendwann „gebeichtet hätte“, dass dies die Entscheidung von Reisinger war. Der damalige Vize-Präsident Hans Sitzberger könne dies bestätigen. Auf Nachfrage aus dem Publikum schwieg Hans Sitzberger. Nach dieser „Vortäuschung“ fasste Ismaik nach eigenen Angaben den Entschluss, dass er mit „denen nicht weiter arbeiten kann“.

Die 50+1-Regel habe Ismaik in der Tat unterschätzt. Schuld daran sei übrigens Hamada Iraki, der ihn unzureichend informiert habe. Weitere Fragen gab es an diesem Abend zur Verantwortungsfrage in der Abstiegssaison, mögliche Insolvenzen und Angebote für eine Vermittlung an die Bayerischen Königshäuser.

„Krebszellen haben sich in diesem Verein zerstreut“

Hasan Ismaik, übersetzt durch seinen Dolmetscher

Hasan Ismaik sei das Opfer – nicht der Schuldige

Egal welche Frage gestellt wurde, es gab grundsätzlich sehr lange und ausführliche Statements, in denen selten konkret auf die wirkliche Frage eingegangen wurde. Dies wurde im Publikum und sogar vom Moderator des Abends kritisiert. Grundsätzlich gab Ismaik aber mit jeder Antwort zu verstehen, er sei nicht schuld und nicht verantwortlich – gerade durch die 50+1-Regel, wäre der e.V. sowieso immer verantwortlich. Ismaik kritisierte oft sehr hart und mit drastischen Wort und malte Horrorszenarien. Wenn alles so bleibt, würde man in die vierte Liga absteigen. Der Verwaltungsrat verbreite eine negative Stimmung, die sogar bis in die Umkleidekabinen der Spieler reicht: „Krebszellen haben sich in diesem Verein zerstreut“. Es gäbe „heimliche Pläne und den Willen, Hasan Ismaik zu beseitigen“. Ismaik sprach analog zum Bündnis Zukunft von einer Ideologie, ohne näher zu benennen, was damit gemeint ist und es bräuchte neben einem neuen Verwaltungsrat aber auch neue Manager, neue Verwaltungsmitarbeiter, neue Strukturen und neue Führungskräfte: „Die sind gescheitert! Schlimmer als jetzt kann es nicht sein“.

Dann wirft Ismaik den Verantwortlichen der Saison 2016/17 vor, es hätte einen „heimlichen Plan“ gegeben, um den Verein in die vierte Liga absteigen zu lassen, um seinen Ausstieg zu erzwingen. Das Hauptproblem sei, man wolle beim TSV 1860 keinen Investor und speziell Hasan Ismaik nicht. Ismaik solle den „Geldkoffer bringen“ und dann „arrivederci sagen“: „Ich sauge dein Blut aus und herzlichen Dank, Tschüß“. In den nächsten Tagen, so kündigt Hasan Ismaik an, wird er dies mit schriftlichen Nachweisen bestätigen.

Der Anteilseigner würde sehr leiden, „so wie die ehrlichen Fans des Vereines“. Es gäbe eine bestimmte Gruppe, die lt. Ismaik „eigene private Benefits“ haben. Er und die Fans sind die „Opfer die darunter leiden“. Danach schießt er noch mehrere Minuten gegen Pro1860. Auch hier vertritt er die Opferrolle. Er würde von Pro1860 im AZ-Interview „diskriminiert, missachtet und ausgelacht. Roman Beer erlaube Ismaik nicht zu träumen.“ Sogar sein Dolmetscher springt ihm beim Thema Pro1860 zur Seite. Er wäre ja „Zeuge als Herr Ismaik hat mit Pro geredet“. Er wäre aber weder bei Herrn Ismaik angestellt noch bei Pro. Er hat Pro zugesagt, er würde sich melden, um Vorschläge zu machen, sei es mit dem aktuellen oder zukünftigen Rat. Ismaiks Plan war, dass Pro1860 zwischen dem Verwaltungsrat, Ismaik und Reisinger vermittelt und „Frieden bringt“. Die Antwort von Pro1860 war, „entweder sitzt Du mit Reisinger oder gar kein Treffen“, so der Dolmetscher. Genau wie Pro1860 forderten in Karlshuld viele im Saal Ismaik auf, ein Treffen mit Reisinger endlich wahrzunehmen. Ismaiks Meinung an diesem Abend war aber klar: „Also Herr Reisinger weiß wo mein Hotel ist. Er hat noch nie die Initiative ergriffen.“

Wie soll es weitergehen?

Die Fans vor Ort interessiert es, wie es weiter geht, wenn der aktuelle Kurs bestätigt werden würde: „Wenn Herr Reisinger den Verein liebt (..), soll er seinen Posten abgeben“ und weiter „Die haben Machtgier und Machtverlangen, ich Hasan Ismaik brauche keine Macht! Ich hab genug in meinem Leben“. Ismaik meinte, in den letzten sieben Jahren wurde von Vereinsseite in den sozialen Medien über ihn geschimpft. Er hätte sich nicht verteidigt und nicht rechtfertigen wollen. Es hätte fortsetzend Anschuldigungen gegeben, aber Ismaik – und hier bekommt die Stimme des Dolmetschers einen sentimentalen Unterton, wolle Lösungen, einen Kontakt und er habe alles unternommen. Er sei friedlich und positiv. Der e.V. sei es, der den Verein „ruiniert“ hat. Dann wird Ismaik noch deutlicher: „Er bevorzuge keinen Mensch – selbst die unabhängigen Kandidaten hätten nicht die Chance ihre Stimme nach vorne zu bringen. (..) Wir leben in einer Situation der Diktatur. (..) Jeder der deren Einstellungen und Meinungen widerspricht, würde beschimpft werden. Diskriminiert und missachtet und kritisiert.“ Bayern sei doch ein demokratisches Land und soll auch demokratisch bleiben, so der jordanische Geschäftsmann. „Immer nur 300, 300, 300 – wo sind die anderen Mitglieder?

Versprechungen und Verwechslungen

Eine der Problematiken bei Ismaik kristallisierte sich an diesem Abend erneut heraus. Zum einen macht er wie in den Jahren zuvor große Ankündigungen, zum anderen verwechselt er auch Vieles. Beispielsweise meinte er, dass es für ein neues Stadion „bereits ausgearbeiteten Pläne“ gibt: „Ich verspreche euch, innerhalb der nächsten fünf Jahre wird das Stadion fertig sein“. Auch Saki Stimoniaris erklärte uns bei unserem Treffen, dass es innerhalb der nächsten Jahre kein Grundstück in München geben wird, ob der Fünf-Jahres-Plan von Ismaik aufgeht, ist deshalb zu bezwiefeln.

Auch bei den Ticketpreisen lag Ismaik falsch. Er behauptet, dass die Dauerkartenpreise für alle Fans im Stadion teurer wurden und nur für einen Teil der Ultras die Preise gleich blieben. Das ist nicht richtig. Von der letzten Erhöhung, die noch von Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer geplant worden war, waren alle Stehplätze nicht betroffen. Zum Grünwalder Stadion meinte er, dass wir „10 Millionen Euro Verluste“ durch dieses Stadion hätten. Eventuell muss man hier die Problematik mit der Sprache und der Übersetzer als Entschuldigung gelten lassen, einen Verlust macht das Stadion allerdings nicht, im Gegenteil. Klar ist aber auch, dass wir mit dem Stadion zu wenig erwirtschaften.

Angesprochen auf die Fahne mit seinem durchgestrichenen Konterfei gab er auch eine missverständliche Antwort. Der Verein würde es den Fans erlauben, sein durchgestrichenes Konterfei auf der Fahne zu erlauben, „als aber andere Fans das Foto von Reisinger mit dem Strich“ hochgehalten hätten, „wurde das ihnen verboten und die wurden rausgeschmissen.“ Auch das ist einfach nicht korrekt. Auch interpretiert der Investor die Vereinsfunktionäre so, dass wenn in den sozialen Medien Ismaik beschimpft wird, dies mit dem Argument „Demokratie“ geschützt werden würde. Würden aber Robert Reisinger und der Verwaltungsrat beschimpft, würden „die mit dem Geld von dem Verein losgehen und leiten Klagen ein um diese Kommentare zu lösen“. Wir nehmen an, der Übersetzer meint löschen.

Zum Ende wird es hitzig

Gegen Ende der Veranstaltung wurde es in der Tat nochmal hitzig. Ismaik soll Zuschriften bekommen haben, in denen Fans sich beschweren, dass sie „diskriminiert und beschimpft und sogar bedroht werden.“ „Wo bleibt der Respekt vor der Demokratie, wo bleibt der Respekt vor den Grundsätzen dieses Landes und den Werten dieses Landes und die Meinungsunterschiede und Respekt“ holt Ismaik aus. Er fragt sich auch, warum er bei 1860 München keinen Erfolg hätte. „Drüben habe ich Erfolg, warum hier nicht?“ fragt er und weiß aber auch gleich die Antwort „Die Leute können den Laden nicht führen, sie kennen sich mit Business nicht aus.“ Mittlerweile schreit Ismaik fast.

Auf erneute Frage, warum er persönlich nicht mit den aktuell gewählten Vereinsvertretern spricht und was er macht, wenn die Wahl auf den aktuellen Verwaltungsrat hinausläuft, antwortete er emotional und klatscht dabei in die Hände: „Am Tag, wenn der neue Verwaltungsrat gewählt wird“, ist er bereit mit ihnen zu sprechen. Auf die nochmalige Nachfrage was mit dem aktuellen Verwaltungsrat ist, verweist er auf seine Vertreter vor Ort. Er tut sich schwer mit jemand zu reden, der ihn „mehrere Male angelogen hat“. Der aktuelle Verwaltungsrat müsse den Weg frei machen. Er habe „den Präsident der KgaA sieben Jahre machen lassen“. Die Diskussion wird hitzig: „Ich habe ihnen die Chance gegeben selber verwalten und zu leiten“. Ismaik wird lauter. Klaus Ruhdorfer meint dann, seine Expertise einbringen zu können. Er stellt sich kurz vor. Er war nach eigenen Angaben in den letzten 6 Jahren immer politisch aktiv und hat versucht den Verein zu befrieden. Er habe mit Robert Reisinger mehrmals gesprochen – Hans Sitzberger wüsste das. Mit Gorenzel, Pfeifer, Hasan Ismaik und seinem Bruder hätte er auch gesprochen, mit dem Ziel einen Waffenstillstand herbeizuführen. Unter Köllner hätte dies mal geklappt. Vor zwei Jahren wäre es dann wieder losgegangen: „T-Shirt-Streit – egal wer schuld ist“. Er habe allerdings keine Hoffnung, dass unter den jetzigen EV-Vertretern und den Vertretern der Investorenseite eine Zusammenarbeit möglich sei. „Mit mir kann jeder reden, wenn er nicht das Stadion als oberstes Ziel hat“. Das wäre eine Ideologie. Danach bricht Ruhdorfer ab.

Ismaik beendet den Abend, mit dem Versprechen, er werde den Verein nicht verlassen, so lange es nicht endlich wieder ein Derby gegen den FC Bayern in der Bundesliga gibt. Danach verabschiedet er sich höflich und dankbar und macht einige Fotos.

Die Rolle des Bündnis Zukunft

Obwohl das Bündnis Zukunft sich gegen einen Slogan wehrt, der aktuell in den sozialen Medien gepostet wird – „Wer Bündnis wählt, wählt Ismaik!“, kann der Auftritt von Klaus Ruhdorfer nicht anders interpretiert werden. Seine Redezeit betrug an diesem Abend weniger als eine Minute. Auf fragwürdige Aussagen Ismaiks (z.B. der Behauptung es gäbe bei 1860 eine Diktatur) klatschte und freute sich der Verwaltungsratskandidat. Ismaik empfahl gleichzeitig die Wahl von Ruhdorfer am kommenden Sonntag. Ismaik setzt auf das Bündnis und Saki Stimoniaris. Das Bündnis wiederum zeigt sich an diesen Wahlkampf-Abenden eng verbunden mit Hasan Ismaik. Wie sonst sollte man diese enge Verbindung zwischen Ismaik und dem Bündnis Zukunft interpretieren, als mit „Wer Bündnis wählt, wählt Ismaik!“

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