Vor 75 Jahren befreite die Rote Armee das deutsche Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Der Deutsche Fußball-Bund gedenkt an diesem Tag, aber auch an den Spieltagen am vergangenen Wochenende den Opfern. Der deutsche Fußball, der heute für Verständigung und Vielfalt steht, hatte sich in der Zeit des Nationalsozialismus mitschuldig gemacht. Der damalige DFBDer Deutsche Fußball-Bund e. V. (DFB) ist de... Präsident Felix Linnemann war aktiv an der Deportation von Sinti und Roma nach Ausschwitz beteiligt.
Es ist einer der grausamsten Kapitel in der Geschichte der Menschheit. Unter Adolf Hitler wurden über eine Millionen Menschen im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ermordet. Auch beim Spiel des TSV 1860 München erinnerte Stadionsprecher Schneider an die Greueltaten und setzte ein Zeichen gegen Rassismus und Diskriminierung. Die Löwenfans gegen Rechts rollten in der Westkurve ein Banner aus: “75 Jahre Befreiung von Auschwitz – nie wieder Faschismus”. Bereits vor einigen Tagen hatten sich Löwenfans nach Auschwitz aufgemacht und den Opfern gedacht. Fanbeauftragter Sebastian Weber legte im Namen des TSV 1860 München in der Gedenkstätte einen Kranz nieder.
In der Sportschau gibt es einen kurzen Bericht über den TSV 1860 München und den Besuch in der Gedenkstätte: Gegen das Vergessen – Fans von 1860 München in Auschwitz
In eigener Sache
Ich möchte den heutigen Tag jedoch auch dazu nutzen von einem ganz besonderen Menschen zu erzählen, den ich kennenlernen durfte und der mein Leben mitgeprägt hat. Er starb genau am heutigen Tag vor 8 Jahren und hieß Kazimierz Smolén. Sein Todestag fiel damit also auf den 67. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Mit 15 Jahren lernte ich Kazimierz in Oświęcim kennen. Er war damals bereits ein alter Mann. Oświęcim ist eine Stadt in der Woiwodschaft Kleinpolen, besser bekannt unter seinem deutschen Namen Auschwitz.
Bereits damals hatte ich als Jugendlicher viel geschrieben und mich vor allem mit der Vergangenheit meiner Familien während des Dritten Reiches beschäftigt. Wirklich zurecht gekommen war ich damit nicht. Einige meiner Vorfahren waren überzeugte Nazis gewesen.
Kazimierz bot mir an, mir das Konzentrationslager zu zeigen. Kazimierz war ein polnischer Widerstandskämpfer gewesen. Ein Jurastudent, den die Nazis 1940 gefangen nahmen und nach Auschwitz brachten. Er bekam die Häftlingsnummer 1327 und gehörte zuerst dem Bautrupp für das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau an. Später war er Mitbegründer des Museums Ausschwitz-Birkenau und leitete die Gedenkstätte von 1955 bis 1990.
“Hast du einen guten Freund?”, fragte er mich an einer Stelle im Hauptlager. Ich nickte und dachte an meinen guten Klassenkameraden, den ich seit dem Kindergarten kannte. “Hier wurde mein guter Freund erschossen!”, erklärte mir Kazimierz und zeigte auf eine Wand. Er musste dabei zuschauen. Nur ein Beispiel für viele traurige und teils brutale Geschichten, die er mir eine Woche lang erzählte.
Niemand konnte mir eindrücklicher die damalige Zeit näher bringen als er. Der alte Mann, der mir sagte: “Irgendwann werde ich tot sein und auch alle anderen, die Opfer der Nationalsozialisten waren. Aber die Geschichte darf nicht vergessen werden.” Er hat Recht. Nein, vergessen dürfen wir nicht und deshalb ist es sinnvoll, dass auch der Deutsche Fußball-Bund Verantwortung übernimmt. Aber was er mir vor allem beigebracht hat: Das Verbrechen an der Menschlichkeit beginnt im Kleinen. Sie beginnt im Kopf. Und sie geht dann über in kleine Handlungen. In der Diskriminierung. Dem lockeren Spruch gegenüber Andersgläubigen oder Menschen anderer Hautfarbe. Und endet, wenn man es nicht aufhält, in grausamer Unmenschlichkeit.
Rassismus und Diskriminierung zu bekämpfen ist nicht nur die Aufgabe eines Verbandes oder einer Gruppe – es ist die Aufgabe eines jeden einzelnen Menschen. Zu jeder Stunde unseres Lebens.