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50+1 in der Diskussion – “Das hohe Gut der letzten Entscheidung durch die Mitglieder”

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Das Bundeskartellamt hat eine Einschätzung zur 50+1 getroffen. Befürworter und Gegner diskutieren nun noch viel deutlicher. Weil eben Klartext gesprochen wurde und deshalb immer noch alles offen ist. Weil die Regel eben nicht klar definiert ist.

Aus kartellrechtlicher Sicht ist die 50+1-Regel nicht zu beanstanden. Befürworter der Regelung jubeln. Doch so einfach ist das nicht. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamt, spricht im Interview mit Deutschlandfunk: “Wir schätzen die 50+1-Regel in Summe hier als wettbewerbswidrig ein, weil sie diese Förderausnahmen hat”.

Förderausnahmen stehen vereinsgeprägtem Wettbewerb entgegen

Was ist gemeint? Die Förderausnahme des DFB erlaubt es Sponsoren und Gönnern, trotz der Regelung, den Fußballsport eines Vereins zu übernehmen. Nämlich dann, wenn sie mindestens 20 Jahre ununterbrochen und erheblich den Fußballsport gefördert haben. Im deutschen Fußball betrifft dies Bayer 04 Leverkusen, den VFL Wolfsburg und die TSG Hoffenheim. Bundeskartellamt-Chef Mundt stört dies gewaltig. Der Einfluss des Muttervereins reduziert sich auf “0” und das würde dem Ziel des vereinsgeprägten Wettbewerbs unter dem Dach der Fußball Liga entgegenstehen.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamt (c) Bundeskartellamt

Mit der 50+1-Regel will die Deutsche Fußball Liga für eine Vereinsprägung und eine gewisse Ausgeglichenheit des sportlichen Wettbewerbs sorgen. Diese sportpolitischen Ziele können auch im Rahmen des Kartellrechts anerkannt werden. Das Kartellrecht steht Anforderungen von Sportverbänden an die Teilnehmer eines Wettbewerbes nicht entgegen, wenn diese zur Verfolgung bestimmter wettkampfbezogener, aber auch ethisch-sozialer Ziele dienen.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamt gegenüber Legal Tribune Online

Martin Kind sieht Lösung: 50+1 endgültig aufgeben

Martin Kind (c) imago/Rust

Als interessierter Fußballfan weiß man – solche Situationen rufen vor allem einen auf den Plan: Martin Kind. Seit Jahren will er Hannover 96 in seinen Besitz bringen und 50+1 umgehen. Er sieht sich durch die vorläufige Einschätzung des Kartellamts bestätigt. “Die DFL muss bis Ende Juni dieses Jahres die Überlegung darlegen, wie sie diese Probleme lösen will”, meint er im Hinblick auf die kritisierten Förderausnahmen gegenüber WAZ. Und Kind fehlt im Moment die Fantasie, wie man dies lösen könnte. Mit einer Ausnahme: “Sie gibt die 50+1-Regel endgültig auf!”

Letztbestimmung durch Mitglieder ist ein hohes Gut

Oke Göttlich ( Präsident St. Pauli ) (c) imago

Die Einschätzung des Bundeskartellamts mache eines sehr deutlich, meint Oke Göttlich, Präsident des FC St. Pauli, in einem DFL-Sportgespräch: “Dasss das, was uns in den letzten Jahren benannt worden ist, nämlich dass die bestehende 50+1-Regel gegen Kartellrecht verstößt, falsch war.” Es sei ein Verstoß, Ausnahmen von dieser Regel überhaupt zugelassen zu haben. Die 50+1-Regel wurde verwässert. “Man muss sich selbstverständlich fragen, warum diese Reinform verwässert worden ist und welche Folgen das für den Status Quo der Liga und die Integrität des Wettbewerbs hat”. Die Letztbestimmung durch die Mitglieder sei ein hohes Gut, so Göttlich.

“Bevor die Regelung von jemand Böswilligem abgeschossen wird”

Wolfgang Holzhäuser (c) imago/JanHuebner

Der Ball liegt nun bei der DFL. Wolfgang Holzhäuser, ehemaliger Geschäftsführer von Bayer 04 Lerverkusen und ehemaliges Mitglied des Präsidiums der DFL, setzt sich für den Erhalt von 50+1 ein. “Im Grunde sagt das Kartellamt, Ausnahmen sind möglich, aber die jetzige Ausnahme ist kartellamtswidrig.” Er fordert deshalb, sich Gedanken zu machen, “wie man eine Regelung findet, die 50+1 erhält und kartellrechtskonform ist”. Holzhäuser wirft der DFL vor nicht gehandelt zu haben. “Jetzt haben wir ein Gutachten auf dem Tisch, das mit einem Ergebnis endet, das man nicht haben wollte. Denn jetzt laufen wir Gefahr, dass die komplette Regelung von jemand Böswilligem abgeschossen wird. Und das müssen wir vermeiden.”

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