Der TSV 1860 München hat in der vergangenen Woche die finanziellen Rahmenbedingungen des Deutschen Fußball-Bundes rechtzeitig erfüllt. Die Profimannschaft kann in der kommenden Saison in der Dritten Liga an den Start gehen. Im Grunde ist es ein Phänomen. Die Löwen sind einfach nicht kaputt zu bekommen. Jedes andere Unternehmen hätte man vermutlich längst eingestampft. Doch der vor zwei Jahren eingeleitetete Konsolidierungskurs hat den Totalabsturz verhindert.
Der TSV 1860 München verliert 2017 die Relegation gegen Jahn Regensburg. Der Abstieg aus der 2. Bundesliga ist besiegelt. Hans Sitzberger und Heinz Schmidt verkünden, dass sie beide als Vize-Präsidenten weiter machen. Dass sie sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Sitzberger erklärt vor den Mitgliedern des TSV, dass sowohl er als auch Schmidt die Meinung vertreten hatten, dass auch Peter Cassalette nicht zurücktreten solle. Doch Cassalette legte sein Amt nieder. Robert Reisinger wurde am sogenannten Schwarzen Freitag Interims-Präsident der Löwen. Zu dem Zeitpunkt war klar, dass der Klub 1860 in die Regionalliga abgestürzt und hoch verschuldet war. Die Löwen in der Asche ihrer Vergangenheit.
Ein Heilungsprozess sollte beginnen. Man stellte einen Experten ein. Der begann letztendlich mit dem heute eingeschlagenen Kurs. Markus Fauser, temporärer Geschäftsführer des geschwächten Klubs 1860 München. Er habe hohe Verbindlichkeiten bei Amtsantritt vorgefunden und es sei schwer gewesen finanziellen Handlungsspielraum zu erkennen. Eine positive Fortführungsprognose sei nicht gewährleistet gewesen, so Fauser im Juli 2017. Den Löwen drohte die Insolvenz. Er konnte allerdings Stundungen für die Altlasten erwirken, die erst wieder von Bedeutung werden, wenn die erste Mannschaft in die 2. Bundesliga aufsteigt oder man genügend finanzielle Mittel habe. Auch der Ausstieg aus der Allianz Arena war notwendig, um die Insolvenz abzuwehren. 2 Millionen Euro mehr Verlust hätte der TSV 1860 pro Jahr, wenn er in der Arena bleibt.
Bis heute hat der TSV 1860 München sich Stück für Stück wieder aufgerichtet. Phönix aus der Asche. Auch wenn immer wieder Leute versuchen, den Verein kleinzureden und so tun, als wäre man am Ende – die Entwicklung ist angesichts des Doppelabstiegs, der massiven Verschuldung und den teilweise wahnsinnigen Knebelverträgen aus der Vergangenheit fast schon legendär. Es mutet seltsam an, dass Angesichts der irrwitzigen Vorgeschichte der eine oder andere schon wieder ganz nach oben schaut. Hinauf in die 1. Bundesliga und zur Champions League. Ja, der eine oder andere wird auch die kommenden Jahre weiter hoffen. Und diese Hoffnung raubt ihm vor allem eines: die Chance, das aktuelle 1860 anzunehmen und zu genießen.
Hans Sitzberger forcierte den Mitgliederzuwachs. Er machte Werbung bei den Fans. Warb Firmenmitglieder an und verloste unter Neumitgliedern wertvolle VIP-Tickets. Heute hat der TSV München von 1860 e.V. den Mitgliederhöchststand seiner Geschichte.
Heinz Schmidt nahm sich der Gemeinnnützigkeit an. Die war gefährdet. In der Zwischenzeit, so teilte er es dem Löwenmagazin mit, ist sie gesichert. Enorme Mehreinnahmen durch Mitgliederzuwachs und vor allem auch durch die dazugewonnenen Firmenmitglieder sind zu verzeichnen.
Mit Viola Oberländer wurde eine unglaublich taffe Managerin für die Abteilungen eingestellt. Mit ihrer freundlichen Art hat sie so manchem Unternehmer den einen oder anderen Euro für die Abteilungen und für die Nachwuchsarbeit aus dem Geldbeutel gezogen. Sie versteht es, die Bedürfnisse der Sportler zu präsentieren. Die Spendenbereitschaft ist auch durch sie enorm gestiegen.
Abteilungen wurden neu gegründet. Die Golfer haben sich selbstständig gemacht und sind zur eigenen Abteilung geworden. Neu hinzugekommen ist eSports. Eine Kooperation mit PENTA Sports aus Berlin. Zudem hat sich der Dart- sowie der Präzisionssport etabliert.
Die Inklusion von Behinderten wird zentrales Thema. Fördergelder fließen, Projekte abgeschlossen.
Die Unternehmer für Sechzig organisieren und gründen sich. Und bringen enorme finanzielle Leistungen für den Nachwuchs und die Fußballschule. Dem Doppelabstieg zum Trotz. Oder vielleicht gerade deshalb.
Daniel Bierofka hat mit der Profimannschaft den Aufstieg aus der Regionalliga in die 3. Liga geschafft. Die Emotionen waren enorm. Die Stimmung bombastisch.
Die Fans begleiten die Löwen auswärts überall hin. Keiner hat mehr Auswärtsfahrer. Im deutschen Vergleich aller Ligen ist man sogar auf Platz 12.
Richtig, es wird schwer, den enormen Schuldenberg abzubauen. Vielleicht sogar unmöglich. Mit dem Verkauf der Merchandising-Rechte hat man sich über 20 Jahre einer Einnahmequelle beraubt. Das war 2012. Damit müssen die aktuellen Verantwortlichen nun umgehen. Und auch sonst gibt es viele absurde Verträge und Verbindlichkeiten.
Es ist erstaunlich, wie wach und aktiv der TSV 1860 München dennoch wirkt. Die 3. Liga ist eine unglaublich schwierige Liga. Die aktuellen Zustände fressen den Klub weiter auf. Und dennoch kommt immer wieder ein neues Licht. Zum Beispiel durch Hauptsponsor „die Bayerische“. Mit einem tollen Sponsoren-Paket. Mit einer enormen Summe für die Namensrechte am NLZ. Limitiert auf 3 Jahre. Eine übersichtliche und überschaubare Zeit. Da wirken die 20 Jahre für die Rechte am Merchandising schrecklich lang. Ja, man hat gelernt. Und man ist auf einem guten Weg.
Am 30. Juni 2019 wird der TSV München von 1860 e.V. seine Mitgliederversammlung abhalten. Die Richtung ist vorgegeben. Die Mitglieder sind aufgerufen, ihrem Präsidium und dem Verwaltungsrat den Rücken zu stärken. Damit sich 1860 nicht nur wie ein Phönix aus der Asche erhebt, sondern irgendwann auch die Asche von den Flügeln abklopft und in die Lüfte steigen kann. In Ruhe und mit Vernunft.
Wie habt Ihr die Zeit seit dem Doppelabstieg erlebt? Was war positiv. Was war negativ?