1860 München: Die Politik der ruhigen Hand

Ruhe vor dem Sturm?

Eigentlich bekommen Menschen Angst, wenn es zu ruhig wird. Wir kennen sie alle, die Ruhe vor dem Sturm. Sie ist ein Naturphänomen und bezeichnet die Stille vor einem Gewitter. Und sie ist sprichtwörtlich geworden. Sie bezeichnet einen Zustand, wenn im Moment scheinbar nicht viel passiert, aber man deshalb ein Desaster erwartet. Auch in den Fankreisen des TSV 1860 München ist trotz der großen Euphorie, die im Moment bei den Spielen vorherrscht, diese Angst präsent. Hasan Ismaik schweigt. Und auch der Präsident sagt nichts. Wirklich die Ruhe vor dem Sturm? Oder doch eher ein Lernprozess? Vielleicht sogar die Politik der ruhigen Hand? Im Hinblick auf den Präsidenten vermute ich es. Und halte sie für mehr als geschickt. Der Fokus steht im Moment vollkommen auf dem Sport. Die Kritiken und Angriffe der extremen, teilweise fast schon fanatischen Befürworter der “einen” oder “anderen” Seite, wie man sie auch immer definiert, wurden weniger. Vereinzelt gibt es noch Hetzbeiträge. Aber in der Zwischenzeit verlieren sie an Wirkung. Vor allem weil auch die Fans die Schnauze voll haben. Von den ständigen Grabenkämpfen. Vom kalten Krieg in der Sportpolitik.

Sie funktioniert: Politik der ruhigen Hand

Wird im Hintergrund an Reformen gearbeitet? Wird hinter den Türen von Verein und KGaA kräftig verhandelt? Man kann nur Vermutungen anstellen. Und das ist ein erstaunliches Phänomen. Die Politik der ruhigen Hand, sie funktioniert. Ich persönlich kann mich nicht erinnern, wann sie jemals so aufgegangen wäre. Die letzten Präsidenten haben immer etwas gesagt, wenn sie gefragt wurden. Daran hat man sie oft festgenagelt. Robert Reisinger spricht dann, wenn er etwas zu sagen hat. Ansonsten verweist er auf den Geschäftsführer. Weil der die KGaA vertritt. Also völlig legitim. Das ist nicht nur taktisch klug, es ist im Endeffekt das Ende der ewigen Selbstdarstellung einzelner Personen.

Die Kritik, dass einige nur ins Grünwalder Stadion wollten, dass man es mit “ewig Gestrigen” zu tun hat, die ist in der Zwischenzeit kaum mehr vernehmbar. Vor allem weil es sportlich funktioniert. Weil Giesing funktioniert. Und weil das Grünwalder Stadion funktioniert. Und vor allem auch die Fans.

Ja, es gibt Baustellen. Sogar sehr viele. Die Behindertensituation. Die Frage nach dem Investor. Nach möglichen weiteren Investoren. Und im Raum steht immer noch die Stadionfrage bei einem Aufstieg. Aber die großen Pessimisten, die vor einigen Wochen sich noch in den Vordergrund schieben konnten, um für schlechte Stimmung zu sorgen, die sind ruhiger geworden. Vielleicht wartet der eine oder andere nur darauf, endlich eine Lücke zu finden. Einen Fehler im System, um sagen zu können: “Ich hab es Euch ja gesagt”. Im Endeffekt ist das egal. Die Strategie des Vereins geht auf. Vorbei sind die Zeiten, wo ein Präsident von “Rock’N’Roll” und großen Veränderungen spricht. Die Politik der ruhigen Hand, sie funktioniert. Vor allem aber lässt sie den Sport in Ruhe. Lässt ihn sich entwickeln und missbraucht ihn nicht für ihre eigenen Zwecke.

Wir müssen vor allem als Fans eines: die sportpolitische Ruhe genießen. Diese Gelegenheit nutzen und den Sport feiern. Die Mannschaft feiern und die perfekte Stimmung. Weil es uns so lange vorenthalten wurde. Ja, ich denke, dass die Politik der ruhigen Hand vor allem uns Fans gut tut.

Wir hoffen nur eines dabei: dass man im Hintergrund auch wirklich sportpoltitisch auf die Zukunft hinarbeitet. Denn die Politik der ruhigen Hand sollte sich nicht am Ende als die Politik der eingeschlafenen Hand herausstellen. Ich in jedem Fall bin da jedoch äußerst zuversichtlich und bin gespannt, wohin sich der Verein in Zukunft entwickelt. Im Moment genieße ich die sportpolitische Ruhe. Und hoffe auf keinen Sturm. Aber auch neue, innovative Ideen.

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personix
personix(@personix)
5 Jahre zuvor

lol….„The other Blog“^^
Das hier und jetzt läuft für den TSV absolut gut. Das gefällt mir sehr. Man hat das Gefühl wir entwickeln uns in die richtige Richtung, es entsteht was!
Ich hab es auch im „ToB“ geschrieben, ich finde es gut, dass man momentan vom Präsidium nichts hört und sieht. Das Sportliche sollte gerade im Vordergrund stehen. Nur so können sich die Fanlager wieder finden. Ich bin kein GWS befürworter, trotzdem tut uns das Stadion gerade gut.
Der Löwe zeigt sich wieder gern, man ist wieder wer, wenn auch nur 4 Liga, aber der TSV zieht wieder. Das freut mich am meisten.
Die Ruhe vor dem Sturm würde ich als Aufbruchstimmung umschreiben wollen. Passt für mich am besten 🙂

blau91
blau91(@blau91)
5 Jahre zuvor

Ein toller Kommentar, der mir aus der Seele spricht. Besonders auch der letzte Absatz. Wir dürften alle hoffen, dass bei all der Ruhe hinter den Kulissen tatkräftig die richtigen Weichen gestellt werden. Ich genieße den Augenblick mit Sechzig und hoffe auf eine gute Zukunft. Von Träumereien will ich aber aktuell nichts wissen. Schritt für Schritt. Auf die Löwen.

banana-joe
banana-joe(@banana-joe)
5 Jahre zuvor

Auf “the other Blog” wir jetzt schon wieder von der Meisterschaft geschwafelt. Manche lernen es nie… dabei hat sich der dortige Betreiber mal wieder mit dem Wind gedreht. Meisterschaft, Festung GWS, Münchens größte Party-Area. All das klang vor ein paar Wochen noch komplett anders. Immerhin. Und immerhin scheint man dort jetzt auch aufgehört zu haben, ständig Politik gegen die aktuell Verantwortlichen und den Weg der Konsolidierung zu machen.

Diese Politik der ruhigen Hand haben die meisten von uns doch seit Jahren gefordert, dass eben nichts nach außen dringt. War es allerdings dann doch mal ein paar Tage ruhig, brach sofort Panik aus: Lässt und Hasan im Stich? Kauft er sich Everton? Kriselt es im Verein? Sind wir pleite? Kommt’s zum großen Knall? Das ist jetzt anders, auch die Fans scheinen wieder Ruhe zu bewahren, mit einigen mehr oder weniger bekannten Ausnahmen in diversen anderen Kommentarspalten. Zumindest den großen Knall scheinen wir hinter uns zu haben und der Weg “aufwärts” hat begonnen.

Bezüglich Investor würde ich mir wünschen, dass wir, bevor wir wieder über neue Investitionen nachdenken, die über Kredit laufen, erstmal einen großen Teil unserer aktuellen Schulden loswerden. Und das sollte über Sponsoring laufen, deswegen sähe ich den Verkauf der Anteile durch Ismaik, der mittlerweile landauf landab eher ein schlechtes Ansehen besitzt (“Einen Neubeginn kann es nur ohne Ismaik geben” – Sponsoren nach dem schwarzen Freitag) fast schon als zwingend an. Man mag auch zu Mey kritisch stehen, aber er wäre die bessere Option: kommt aus der Region, ist seit Kindheit Löwenfan, besitzt in der Wirtschaft und v.a. bei seinen Angestellten einen hervorragenden Ruf und kann den Weg der Konsolidierung fortsetzen, ohne gleich mit Kreditinvestitionen rumzuwerfen. Sein Unternehmen könnte sponsern und er könnte neue zahlungskräftige Sponsoren aufgrund seines Ansehens überzeugen und mit an Bord holen. Ja, das wäre meiner Meinung nach ein guter Weg. Dem Ismaik kann man durchaus Anteile halten lassen, halt nicht mehr die Mehrheit, ihn peu á peu “auszahlen” und ihm beim Bau des neuen Stadions, was irgendwann in (ferner) Zukunft trotzdem anstehen wird, mitarbeiten lassen, denn davon hat er Ahnung… vom Fußball halt nicht! So könnte Hasan sein Gesicht wahren (was man ja immer hört und liest, dass dies Personen aus seinem Kulturkreis enorm wichtig ist) und wir setzen den Weg der Konsolidierung fort, kommen mehr oder weniger schuldenfrei nach oben, bekommen einen neuen Löwenkäfig und landen irgendwann mal wieder in der 2. Bundesliga oder gar noch höher.

Und wenn es weiterhin so gut und ruhig läuft, dann bekommt vielleicht auch der ein oder andere Ex-Spieler mit Fußballsachverstand Lust, sich aktiv im VR des Vereins einzubringen. Bisher hat doch jeder dankend abgewunken, als er gefragt wurde, vom Grosser, der lieber in Unterhaching rumgewurstelt hat, aber sonst immer zu jedem Thema der Löwen den Mund offen hat bis zu Hofmann, der – typisch Franke – auch viel lieber redet als handelt.

Dass wie von Ismaik und auch Mey gefordert, einige strukturelle Änderungen auch im Verein zwingend sind, das glaub ich kapieren auch die meisten. Reisinger macht bisher aber einen guten, unaufgeregten und zurückhaltenden Job im Gegensatz zum Rock’n’Roller und der Marionette, die ständig irgendwo in den Medien präsent waren. Weiter so!

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