Kein Geld für große Sprünge – der TSV 1860 München fährt einen Konsolidierungskurs. Die sportliche Leitung muss mit einem deutlich geringeren Spieler-Etat auskommen als erwartet. Und kritisiert dies durchaus offen. Man habe keinen Handlungsspielraum, spiele gegen den Abstieg. Vor der Saison zieht ein nüchterner Realismus durch die Löwenwelt.
In der Zwischenzeit haben die Sechzger die Saison begonnen und drei Spiele absolviert. Daniel Bierofka bleibt weiterhin vorsichtig, lobt aber aktiv seine Mannschaft. Nach der Niederlage gegen Eintracht Braunschweig sieht er vor allem die sportliche Entwicklung seines Teams, nicht die verlorenen Punkte. Und tatsächlich sahen die Fans gegen Braunschweig ein aggressives Löwen-Team, das gewinnen wollte. Kämpferisch und mit schönem Zusammenspiel. Das machte Laune. Die erste Halbzeit war besser als viele Spiele der vergangenen Saison. Und man hätte durchaus 3 Punkte holen können, wenn da nicht jemand deutlich in die Suppe gespuckt hätte. Selbst Fußballfans ohne Sechzger-Vereinsbrille sahen ein Spiel, das vom Schiedsrichter derart verpfiffen wurde, dass man nur den Kopf schütteln kann. Wer weiß, wie dieses Spiel ausgegangen wäre, wenn der „Unparteiische“ seinem Namen auch gerecht geworden wäre.
Dann das Heimspiel gegen den FSV Zwickau. Der eine oder andere macht in den Medien Druck. Drei Punkte sind ein Muss. Bierofka schien sich davon nicht beeindrucken zu lassen. Wie immer sind seine Worte vor dem Spiel vorsichtig optimistisch. Was die Fans dann geboten bekommen, lässt sich sehen. Anfänglich deutlich zaghafter als beim Spiel gegen Braunschweig. Verhaltener und vorsichtiger. Aber von Spielminute zu Spielminute engagierter und spielerisch besser. Hendrik Bonmann überzeugt mit einem soliden Rückhalt im Tor. Herbert Paul zeigte sich engagierter als in der vergangenen Saison. Spielte mutiger und konnte sogar das 3:0 machen. Besonders angriffslustig und stets präsent auf dem Platz: Aaron Berzel. Er wollte beweisen, dass die Fremdfinanzierung mehr als gerechtfertigt ist. Fleißig war auch Daniel Wein. Er gewann Zweikämpfe und eroberte sich so manchen wichtigen Ball. Efkan Bekiroglu konnte 2 Tore schießen. In der ersten Halbzeit dauerte es ein wenig, bis er warm wurde. Auch Benjamin Kindsvater spielte anfänglich verhalten, wurde aber in der zweiten Halbzeit aktiver. Das Mittelfeld machte ein wenig Sorgen. Dennis Dressel wächst hier jedoch zu einem hoffnungsvollen Spieler heran. Das braucht Zeit. Sein Talent ist jedoch mehr als sichtbar.
Es mag sich durchaus ein wenig zynisch anhören, doch die klamme finanzielle Lage tut der Mannschaft gut. Da sind zum einen die jungen, hungrigen Spieler. Auf die man deshalb setzt, weil man sich eben keine anderen Spieler leisten kann. Durchaus möglich, dass man nicht auf sie gesetzt hätte, wenn der Handlungsspielraum größer gewesen wäre. Die jungen Talente tun der Mannschaft gut. Ja, sie machen sogar langfristig Hoffnung. Auf Eigengewächse, die sich unter Trainer Daniel Bierofka weiterentwickeln. Das könnte durchaus auch zu einem enormen Pluspunkt für Biero werden. Schafft er es, trotz Konsolidierungskurs eine starke Mannschaft zusammenzuschweißen, bringt ihm das mehr, als ein Erfolg, der ihm auf dem goldenen Tablett serviert wird.
Da ist ein Aaron Berzel, der im letzten Spiel alles gegeben hat. Fremdfinanziert von Fans. Böse Zungen sehen das spöttisch. Der Klub ist finanziell so eingeschränkt, dass er auf private Gönner angewiesen ist. Gegen den FSV Zwickau hat Berzel gezeigt, dass es sinnvoll war, auf ihn zu setzen. Und auch hier kann Daniel Bierofka punkten. Er wollte Berzel und die Gelder kamen nur, weil Bierofka Trainer ist. Man wollte Biero unterstützen, niemand anderen.
Die „Jetzt-erst-Recht-Mentalität“ schlägt voll durch. Sie macht nicht nur Hoffnung, sondern unglaublich Spaß. Das wirkt sich auch auf die Stimmung aus. Positiv vor allem, dass auch von Gesellschafter-Seite nichts befeuert wird. Keine Klubpolitik und keine selbstdarstellerischen Äußerungen. Das tut auch der Kurve gut, die sich auf den Support konzentrieren kann.
Klappt die Saison trotz dem harten Konsolidierungskurs, dann ist der große Gewinner Daniel Bierofka. Es sei ihm vergönnt.