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10 statt 20 Prozent Fans im Stadion – durchdacht oder Willkür?

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Die Stadt München hat gesprochen. 10 statt 20 Prozent Fans. Das soll die Pandemie eindämmen. Oder etwa doch nicht? Ein Kommentar.

Bloß keinen politischen Fehltritt machen, so scheint die Devise von Oberbürgermeister Dieter Reiter. Wie das am Besten gelingt? Der aktuelle Vater des Freistaates, Markus Söder, machte es in den letzten Monaten vor. Größtmögliche Sicherheit vorgaukeln, in dem man immer ein wenig strenger ist als der Rest von Deutschland. Mit souveräner bayerischer Brust.

Regeln sind anpassungsfähig. Zumindest in Bayern. Dem TSV 1860 München erklärt man, dass der Schwellenwert 35 im Hinblick auf die 7-Tage-Inzidenz relevant ist. Liegt man drüber, wird es keine Fans geben. Liegt man drunter, sind 20 Prozent erlaubt. Weil der Wert aber aktuell so irgendwie an der Grenze ist, setzt man auf bayerische Sicherheit. Und erlaubt eben nur 10 Prozent. Ohne es mit dem TSV abgesprochen zu haben, wird es in einer Pressemitteilung veröffentlicht. Das soll Souveranität und Sicherheit ausstrahlen. Bei mir funktioniert es nicht.

Ich war und bin auch heute noch ein großer Befürworter von strengen Regeln, um die Pandemie COVID-19 einzudämmen. Doch für derartige politische Spielchen habe ich kein Verständnis. Man möge mir bitte seitens der Politiker erklären, welchen Unterschied es macht, ob ich nun 10 oder 20 Prozent an Zuschauer im Grünwalder Stadion zulasse. Bei beiden Optionen werden die gleichen Maßnahmen und Abstandsregeln gelten. Reichen diese Maßnahmen und Abstände nicht aus, aus welchen Gründen auch immer, dann darf ich niemanden zulassen. Oder muss neue Abstandsregeln und Maßnahmen bestimmen. Und ja, es macht einen Unterschied, ob ein Stadion voll besetzt ist oder ob man zum Beispiel 20 Prozent ins Stadion lässt. Berechnet mit einem wissenschaftlich äußerst ausgeklügelten Tool, das eben auf 20 Prozent kommt, um alle Vorschriften und Hygienemaßnahmen zu erfüllen. Diese 20 Prozent noch einmal zu halbieren macht die Sache nicht besser. Weil räumlich fällt nun wahrscheinlich einfach nur ein bestimmter Bereich weg. Zum Beispiel die Westkurve. Die Abstände werden nicht größer. Die Stadt München gaukelt hier eine gesteigerte Sicherheit vor, die es nicht gibt.

Ohnehin bin ich der Meinung, dass sich die Fans im Stadion deutlich besser an die Regeln halten werden. Sie stehen unter Beobachtung und bekommen klare Plätze zugewiesen. Und man kann mögliche Infektionsketten genau nachvollziehen. Weil eben bekannt ist, wer neben wem stand oder saß. Ich erinnere mich an die letzten Spieltage und zahlreiche Bilder. Von Fantreffs, wo es kaum Abstandsregelungen gab. Fans, von denen der eine oder andere vielleicht ins Stadion gekommen wäre, man sich nun aber wieder in größeren Gemeinschaften zum Public Viewing trifft.

Richtig ist, dass Maßnahmen erforderlich sind. Und dass man nicht unbedingt allen Bürgerinnen und Bürgern vertrauen kann, dass sie sich an alle Regeln halten. Aber das ist auch ein Punkt. Möchte ich die Bürgerinnen und Bürger sensibilisieren, dann muss ich ihnen Möglichkeiten bieten, Regeln einzuhalten. Einfach immer nur alles zu verbieten und einzuschränken sorgt zum einen für Frustration. Und zum anderen verliert man das Vertrauen. Weil der Wert dennoch steigt. Bei illegalen Partys oder Familienfesten. Nicht bei kontrollierbaren Veranstaltungen, die auf Hygienemaßnahmen zurückgreifen. Und bei denen die Infektionsketten nachvollziehbar sind. Ich sehe immer mehr, dass in manchen Bereichen das Verständnis sinkt. Und eben dort die Maske fällt, wo sie eigentlich sinnvoll wäre. Die Bürgerinnen und Bürger müssen verstehen warum. Sonst setzen sie es nicht um oder zumindest nur halbherzig.

Wie gesagt, ich bin keineswegs jemand, der Corona auf die leichte Schulter nimmt. Und wenn es tatsächlich der Fall ist, dass Stadien trotz Hygienemaßnahmen und Abstandsregeln die Verbreitung des Virus fördern, dann muss man entsprechend handeln. Und eben komplett zu machen. Oder die Vorschriften verschärfen. Abstände erhöhen. Aber bitte keine prozentualen Spielchen, nur um die Bürgerinnen und Bürger in falscher Sicherheit zu wiegen.

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